Ex-Premier Borissow gewinnt Bulgarien-Wahl
Bei der vierten bulgarischen Parlamentswahl innerhalb von zwei Jahren hat die konservative GERB-Partei des umstrittenen Ex-Premiers Bojko Borissow mit 25,4 Prozent die meisten Stimmen erzielt. Die liberale Bewegung "Wir setzen den Wandel fort" von Kiril Petkow, dessen pro-europäische Koalition im Juni zerbrochen war, kam auf 20,2 Prozent. Ernüchterung bei Kommentatoren.
Wähler holen sich die korrupte Elite zurück
Die Bulgaren scheuen sich vor klaren Richtungsentscheidungen, bedauert der bulgarische Dienst der Deutschen Welle:
„Bei diesen Wahlen haben die Bulgaren über die Frage entschieden, ob sie mit Russland gehen wollen oder mit der Welt. Sie haben jedoch die andere, nicht weniger wichtige Frage nicht gelöst: ob sie das von GERB und DPS [der Partei der türkischen Minderheit] aufgezwungene feudal-kriminelle Gesellschaftsmodell wirklich verlassen wollen. Sind sie es wirklich leid, ausgeraubt zu werden? Und wollen sie endlich aufhören, so zu tun, als wären sie Teil der westlichen Welt, und sich ihr tatsächlich anschließen? ... Es wird Zeit brauchen, denn die Eigenheit der Bulgaren, sich keinen Extremen hinzugeben, hat eine dunkle Seite: die Unfähigkeit, klare Positionen zu beziehen und zu verteidigen.“
Es stellt sich die Legitimitätsfrage
In Bulgarien haben wir es mittlerweile mit einer veritablen Demokratiekrise zu tun, kommentiert die taz:
„Am Sonntag haben nur noch 30 Prozent der Bulgar*innen den Weg an die Urnen gefunden – der geringste Wert seit 1989! Welcher Indikator könnte besser Verdruss, Apathie und Enttäuschung ausdrücken? Wenn der Souverän freiwillig seine politischen Gestaltungsrechte links liegen lässt, ist zudem die Frage nach der Legitimität der politischen Institutionen aufgeworfen. ... In Bulgarien werden so schnell keine stabilen politischen Verhältnisse einkehren. Das ist angesichts des Ukrainekrieges, einer Energiekrise nebst galoppierender Inflation eine wirklich schlechte Nachricht.“