Ukraine trifft mit US-Raketen Ziel in Russland
Das ukrainische Militär hat erstmals mit US-amerikanischen Atacms-Raketen russisches Territorium angegriffen. Bestätigungen dafür gab es aus Moskau und Washington. Kyjiw machte keine Angaben zur Art und Anzahl der eingesetzten Geschosse, erklärte aber, man habe ein Munitionsdepot im Gebiet Brjansk getroffen. Europas Presse bewertet das Ereignis sowie die zu erwartenden Folgen.
Ein Symbol des ukrainischen Widerstands
Libération sieht in dem Raketenangriff ein symbolisches Zeichen für die unverminderte Entschlossenheit der Ukraine:
„Eine Salve von sechs Raketen auf russischen Boden, etwa 110 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, mit begrenzten taktischen Ergebnissen – ein großes russisches Munitionslager soll abgebrannt sein –, aber mit einer spektakulären Wirkung. Wolodymyr Selenskyj nutzte die Gelegenheit, um an die Entschlossenheit seines Landes zu erinnern, die russische Invasion auch am tausendsten Kriegstag zu bekämpfen – ein symbolisches Datum, das ihn zweifellos dazu bewogen hat, nicht länger zu warten.“
Überraschungseffekt versäumt
Maxym Schorin, ukrainischer Offizier, kommentiert in Telegraf kritisch:
„Die Entscheidung, der Ukraine zu erlauben, das russische Staatsgebiet mit westlichen Waffen anzugreifen, hätte eine Überraschung für den Feind sein sollen. Doch wir diskutieren darüber schon gewohnheitsmäßig öffentlich – ebenso wie zuvor über die Gegenoffensive und eine Menge anderer Fragen, die geheim gehalten werden sollten. So hat der Feind jedes Mal die Möglichkeit, sich vorzubereiten. Es ist gut, dass die Erlaubnis überhaupt erteilt wurde. Schlecht ist, dass es so spät und mit Einschränkungen geschah. Noch schlimmer ist, dass es allen angekündigt wurde.“
Völlig legitime Selbstverteidigung
Für die Salzburger Nachrichten handelt die Ukraine richtig, im Gegensatz zu Russland:
„Die Ukraine setzt ihre Langstreckenraketen gegen militärische Ziele ein. Und damit zu ihrer Verteidigung. Es ist ein Einsatz in dem Rahmen, in dem er den Berichten nach von den USA genehmigt wurde. Eine Militäreinrichtung ist ein legitimes Ziel im Krieg – im Gegensatz zu zivilen Gebäuden wie Wohnhäusern, Spitälern oder Schulen, die in der Ukraine unter russischen Raketen zu Trümmern zerfallen.“
Der Anfang vom Ende der US-Unterstützung
LRT-Kolumnist Vytautas Bruveris befürchtet eine Kehrtwende nach Trumps Amtsantritt:
„Es ist bezeichnend, dass die kommende US-Regierung auf die Entscheidung der scheidenden Washingtoner Administration nicht weniger hysterisch reagiert hat als etwa Moskau oder Budapest. Es ist ein weiteres Signal dafür, dass sie wahrscheinlich nicht nur diese, sondern die gesamte Militärhilfe generell stoppen wird. Die Logik ist einfach: Kyjiw wird endgültig gezwungen, sich ohne wesentliche Vorbehalte an den 'Verhandlungstisch' zu setzen und einem 'Deal' zuzustimmen – de facto gibt es die von Russland eroberten Gebiete ab und verzichtet auf den Nato-Beitritt. Im Gegenzug wird Russland aufhören, den Rest der Ukraine anzugreifen. ... Und wenn die Ukraine nicht einverstanden ist – nun, das ist ihre und Europas Sache.“
Das übliche Moskauer Säbelrasseln
Russland wird wie gewohnt reagieren, glaubt The Irish Times:
„Das Putin-Regime hat wie erwartet und wie bei jeder früheren Ausweitung des US-Engagements für die Ukraine reagiert: mit düsteren Warnungen vor den angeblichen Auswirkungen einer Eskalation und mit Drohungen, 'entsprechend' zu kontern. In der Vergangenheit gehörte dazu auch nukleares Säbelrasseln, das sich in der Praxis jedoch auf weitere Raketenangriffe auf zivile Ziele beschränkte. ... Moskaus Schimpftiraden gegen die vermeintliche weitere Internationalisierung des Konflikts durch die USA klingen besonders heuchlerisch, wenn man bedenkt, dass das Land selbst 12.000 Soldaten aus Nordkorea auf dem Schlachtfeld stationiert hat. Es hat auch bereits Raketen eingesetzt, die von Pjöngjang und Teheran geliefert wurden.“