Wie weiter in Bulgarien nach der Parlamentswahl?
Bulgarien steckt weiter in der politischen Sackgasse. Auch die fünfte Parlamentswahl in zwei Jahren schafft keine klaren Verhältnisse. Das Mitte-Rechts-Bündnis des früheren Premiers Bojko Borissow und der prowestliche liberal-konservative Block von ebenfalls Ex-Premier Kiril Petkow holten beide je etwa ein Viertel der Stimmen. Kommentatoren schwanken zwischen Aufbruchstimmung und Frustration.
Und wieder wurde nichts entschieden
Sega zweifelt an der bulgarischen Demokratie:
„Nachdem wir nach der Wahl am Sonntag zum fünften Mal ein Gleichauf zwischen den zwei großen politischen Bündnissen haben, ist überdeutlich, dass wir einen Systemfehler in den bulgarischen Parteien haben, die die demokratischste Sache der Welt – Wahlen – zu einer vergeblichen Anstrengung machen, und von dort zu einer Katastrophe für den Staat. ... Wir gehen wählen, aber es kommt keine Regierung zustande, dann gehen wir wieder wählen, und es gibt wieder keine Regierung. So können wir weitermachen, bis wir das Land zugrunde gerichtet haben. Deshalb sollten diese Leute, die in den letzten Jahren die großen Parteien geführt haben, gefälligst verschwinden - und zwar so schnell wie möglich. “
Bulgaren wollen große Koalition
Die Lösung aus dem Patt zeigt Trud auf:
„Die Wähler wollen eine Regierung auf breiter öffentlicher und parlamentarischer Basis. Nun wird sich zeigen, wieviel politische Reife die beiden führenden Systemparteien haben, um diese zustande zu bringen. ... Bulgarien befindet sich seit zwei Jahren in einer unerbittlichen politischen Krise ohne Ziel, ohne klare Richtung. ... Wir brauchen jetzt eine funktionierende Regierungsformel. ... Der Parteiegoismus muss zumindest vorerst in den Hintergrund treten. Wir haben sie zwei Jahre lang streiten lassen. Jetzt ist Zeit für Verhandlungen, es ist Zeit für ein Kabinett. “
Israel-Szenario
Spotmedia fürchtet um die Zukunft des Landes:
„Die Lage in Sofia kann mit der in Israel verglichen werden, wo es nach mehreren Wahlgängen und einem historischen Erfolg, Benjamin Netanjahu zu entmachten, zunächst gelungen ist, eine Regierung ohne den langjährigen Premier zu stellen. Inzwischen sind die Dinge dort wieder so, wie sie einst waren und das Regime nimmt zunehmend autokratische Tendenzen an. So haben einst auch die Bulgaren entschieden, aus dem Borissow-Monopol auszubrechen und eine pro-europäische Regierung zu testen. ... Doch wie in Israel hatte die politische Alternative nicht einmal ein Mandat lang Zeit, um ihre Kompetenzen zu zeigen und das vor dem Hintergrund mehrerer Krisen: Pandemie, Krieg, sozio-ökonomische Krise.“