Boris Johnson legt Abgeordnetenmandat nieder
Nach neuen Vorwürfen, er habe in der Partygate-Affäre das britische Unterhaus belogen, hat Ex-Premier Boris Johnson am Freitag seinen Rücktritt als Abgeordneter erklärt. Die Frage, ob er damit endgültig von der politischen Bühne des Vereinigten Königreichs verschwindet, beantworten Kommentatoren unterschiedlich.
Endlich sind wir ihn los
Boris Johnson hat dem Land so viel Unheil gebracht, dass er nie wieder auf die politische Bühne zurückgelassen werden darf, warnt Kolumnist Max Hastings in The Times:
„Unser Land steht vor den größten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Schwierigkeiten seit Jahrzehnten. Zumindest einige davon sind Johnsons katastrophaler Amtszeit als Ministerpräsident zuzuschreiben. Wenn wir vorankommen und einen neuen und erfolgreicheren Weg finden wollen, müssen wir herausfinden, wie wir wieder zu ernstzunehmenden Menschen werden und uns mit Problemen statt mit Persönlichkeiten befassen können. Wir dürfen jedenfalls nicht mehr über Boris Johnson sprechen. Verbannen wir ihn in den Spam-Ordner.“
Politbetrieb zu lange zum Narren gehalten
Westminster kann aufatmen, meint Der Standard:
„Johnson schreckt im Privatleben wie in der Politik vor glatten Lügen nicht zurück; alles und jeder wird seinem egoistischen Interesse untergeordnet; populistische Slogans ersetzen seriöse Politik, das Bohren dicker Bretter zum Wohl der Bürger ist viel zu langweilig. … Hinzu kommt seine komplette Verachtung jeglicher politischer Konvention. Dabei wird das Königreich und seine Verfassung vielfach nur von Traditionen und Konventionen zusammengehalten. Diese zu ignorieren, ja verächtlich beiseitezuschieben, ist brandgefährlich. … Ohne Boris Johnson wird die britische Politik langweiliger sein. Aber die Luft von Westminster lässt sich plötzlich viel freier atmen.“
Der kommt wieder, keine Frage
Boris Johnsons politische Karriere ist noch lange nicht zu Ende, und das ist gut so, argumentiert der konservative Abgeordnete James Duddridge in The Sun:
„War Boris Johnson perfekt? Nein. Aber wer ist das schon? Wir brauchten ihn während der Corona-Krise und später als Anführer der Koalition zur Unterstützung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Ohne Johnson hätte es den Brexit nicht gegeben, und die Konservative Partei wäre in der Europa-Frage immer noch tief gespalten. Wir brauchen mehr Persönlichkeiten wie Boris Johnson, nicht weniger. Mein Tipp: Gehen Sie zum Buchmacher und setzen Sie fünf Pfund auf seine politische Rückkehr, vielleicht sogar noch vor der nächsten Wahl.“