Selenskyj in Bulgarien: Ambivalentes Händeschütteln
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj ist im Rahmen seiner aktuellen Europareise am Donnerstag auch kurz in Bulgarien gewesen. Dort traf er unter anderem seinen Amtskollegen Rumen Radew, der als pro-russisch gilt, und Premier Nikolaj Denkow von der neuen pro-westlichen Regierung. Der Besuch ist exemplarisch für Bulgariens uneindeutige Haltung zum Ukraine-Krieg, finden Kommentatoren.
Nicht mehr das schwächste Glied der Ostflanke sein
Durch die Einladung an Selenskyj positioniert sich Bulgarien endlich auf der Seite der Ukraine, freut sich Kapital:
„Die zögerlichen und unklaren Positionen in den letzten Jahren ließen Bulgarien wie eine Grauzone an der derzeit strategisch sehr wichtigen Ostflanke der Nato erscheinen. Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine ergaben sich daraus ganz konkrete potentielle Risiken. Bei einer möglichen, wenn auch unwahrscheinlichen Eskalation ist meist das schwächste Glied im System am stärksten bedroht. Der Besuch Selenskyjs sendet nun ein sehr starkes Signal in die entgegengesetzte Richtung, zumindest was die strategische Ausrichtung des Landes und die Politik der neuen Regierung betrifft.“
Unser Präsident ist zum Fremdschämen
Dnevnik kritisiert den mit Russland sympathisierenden Radew:
„Der bulgarische Präsident hatte nicht einmal den Anstand, den Krieg einen Krieg zu nennen. ... Er sprach lediglich von einem 'Konflikt' - eine Formulierung, die auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow an diesem Morgen verwendete, dem zufolge 'das Kiewer Regime alles tut, um so viele Länder wie möglich faktisch in eine direkte Beteiligung an diesem Konflikt hineinzuziehen'. Das hat sich interessanterweise nie bewahrheitet, zum Beispiel was Polen und die baltischen Staaten angeht, die sogar an das Opfer der russischen Aggression grenzen.“