Tschechien: Last der kommunistischen Vergangenheit
Robert Fremr wird nicht tschechischer Verfassungsrichter. Als Vizepräsident des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag von 2018 bis 2021 galt er als Top-Kandidat für das Amt. Nun kam jedoch heraus, dass er vor 1989 Regimegegner verurteilt hatte, und Fremr gab seine Kandidatur auf. Der Fall zeigt auch nach Ansicht der Landespresse, wie heikel Fragen der kommunistischen Vergangenheit für Länder wie Tschechien bis heute sind.
Auch nach 30 Jahren bleibt das leidige Thema
Echo24 konstatiert desillusioniert:
„Der Streit um die Vergangenheit bleibt bestehen. Es ist in der Tat traurig, dass die neu organisierte Gesellschaft auch nach dreißig Jahren nicht in der Lage ist, für die höchsten verfassungsmäßigen Positionen Persönlichkeiten hervorzubringen, die nicht durch ihren Dienst für das totalitäre kommunistische Regime belastet sind. ... Ist es wirklich zu viel verlangt, dass es nach dreißig Jahren keine ehemaligen Kommunisten mehr in den höchsten Staatsämtern gibt?“
Das Verfassungsgericht ist nun mal ein Symbol
Lidové noviny ist erleichtert über den Rückzug:
„Robert Fremr erkannte, dass er sich selbst und dem Verfassungsgericht mit seiner Kandidatur schaden würde, und gab auf. Ist das fair? Vielleicht nicht ganz, wenn man bedenkt, dass man auch anderen Richtern etwas nachsagen könnte, wenn die Archive besser zugänglich wären. ... Aber das Verfassungsgericht ist kein gewöhnliches Gericht, bei dem Justitia mit verbundenen Augen darüber entscheidet, ob jemand schuldig ist oder nicht. Es ist ein Symbol der Verfassungsmäßigkeit und der vor 34 Jahren erlangten Freiheit. Daher wird über die Kandidaten nicht mit verbundenen Augen, sondern weitgehend öffentlich entschieden.“
Vita von Richtern bitte genauer prüfen
Die Causa hat nach Meinung von Seznam Zprávy auch Präsident Petr Pavel geschadet, der die Verfassungsrichter dem Senat vorschlägt:
„Eine potenzielle Gefahr für das Vertrauen in die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs wurde fünf vor zwölf abgewendet. Aus der Geschichte um Robert Fremr können Petr Pavel und dessen Berater eine einfache Lektion ziehen: Verbrennen Sie sich kein zweites Mal am selben Herd. Der beruflichen Vergangenheit der Kandidaten, insbesondere derjenigen, die schon vor 1989 in der Justiz tätig waren, muss die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden.“