Rechtsruck bei Vorwahlen in Argentinien
Rechtspopulist Javier Milei, der die Zentralbank abschaffen will und den Klimawandel leugnet, ist Überraschungssieger der Vorwahlen in Argentinien. Mit über 30 Prozent der Stimmen lag seine Partei vor der rechtsliberalen Juntos por el Cambio (28,3 Prozent, Kandidatin Patricia Bullrich) und dem Regierungsbündnis Unión por la Patria (27,3 Prozent, Sergio Massa). Europas Presse schaut besorgt auf die Wahl im Oktober.
Nutznießer wachsender Krisen
Milei profitiert von der Instabilität Argentiniens, beobachtet France Inter:
„Das Land wurde nicht nur in Bezug auf das BIP pro Kopf von seinem Nachbarn Chile überholt, sondern selbst Kolumbien, das von viel weiter unten startete, beginnt nun, Buenos Aires einzuholen! Wenn man dem noch eine permanente Korruption hinzufügt, erhält man einen rachsüchtigen Populisten wie Javier Milei an der Spitze der Umfragen. ... Hinzu kommt ein besonderer politischer Kontext: Die regierende Linke hat zwar große fortschrittliche Gesetze zur Abtreibung oder gleichgeschlechtlichen Ehe durchgesetzt, aber es ist ihr nie wirklich gelungen, die Armut zu verringern, unter der immer noch 40 Prozent der Bevölkerung leiden. Und solche Misserfolge oder Widersprüche werden an den Wahlurnen sehr teuer bezahlt.“
Nährboden für Radikalismus in Lateinamerika
El Mundo fürchtet Ansteckung:
„Mileis ultraliberaler Diskurs ging so weit, dass er die 'Verbrennung' der Zentralbank, den freien Zugang zu Waffen, Abtreibungsverbot, die Privatisierung des Bildungs- und Gesundheitswesens, den Rauswurf von Politikern 'mit einem Tritt in den Hintern' und die Zulassung des Organhandels versprach. Milei hat aus der Empörung der Bürger - vor allem der jungen Leute - Kapital geschlagen. ... Das Beispiel könnte auf einen Kontinent ausstrahlen, der von Instabilität und Unsicherheit geprägt ist. ... Ecuador wählt am 20. August einen Präsidenten, und zwar im Ausnahmezustand, nachdem ein Kandidat ermordet wurde. Die Wahlen in Guatemala am selben Tag sind ebenfalls von Gewalt und Armut geprägt. Ein Nährboden, auf dem oft die radikalsten Auswüchse gedeihen.“
Das ging schon einmal schief
Die wirtschafts- und finanzpolitischen Pläne Mileis würden dem Land enorm schaden, warnt The Times:
„Argentinien versuchte bereits in den 1990er-Jahren, den US-Dollar als Ersatz für die eigene Währung einzuführen, um bei internationalen Investoren an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Das funktionierte nicht. Die Währungsbindung musste mit enormen Kosten aufgegeben werden, da Argentinien weiterhin große Haushaltsdefizite aufwies und strenge Arbeitsmarktbeschränkungen aufrechterhielt. Wenn eine Volkswirtschaft über ihren Wechselkurs nicht schnell auf einen externen Schock reagieren kann, beispielsweise wenn sich die weltweiten Rohstoffpreise plötzlich stark ändern, dann sind Rezession und Arbeitslosigkeit unvermeidlich.“