Spanien: Amnestie für Separatisten?
Carles Puigdemont fordert als Bedingung für die Unterstützung einer neuen sozialistischen Regierung eine Amnestie für angeklagte Separatisten. Die Sozialisten brauchen die Stimmen seiner Partei Junts per Catalunya für eine Mehrheit. Auch Puigdemont selbst droht ein Verfahren, weil er 2017 als Regionalpräsident Kataloniens ein Unabhängigkeitsreferendum organisiert hatte. Er will, dass Abspaltungsversuche als politisch legitim anerkannt werden.
Verfassungskonform und konstruktiv
Jordi Juan, Chefredakteur von La Vanguardia, findet Puigdemonts Forderung durchaus lösungsorientiert:
„Er will den Weg der Einigung ebnen, und das begrüßen wir. Deshalb hat er das Thema eines [neuen Unabhängigkeits]-Referendums auf Eis gelegt und setzt nur auf Amnestie. Die Bedingungen, die er gestern vorgelegt hat, sind verfassungskonform. ... Es zeugt von Puigdemonts Geisteshaltung, dass er, obwohl Junts 'im Voraus kassieren will', die Schaffung eines 'Vermittlungs- und Überprüfungsmechanismus' vorschlägt, so ein Amnestieabkommen kann schließlich nicht in zwei Tagen genehmigt werden. Bei den übrigen Parteien der neuen [potenziellen Regierungs-]Mehrheit hatte man gestern das Gefühl, dass eine Einigung näher rückt. Das sehen wir auch so.“
Spanien vor dem Abgrund
Correio da Manhã erwartet schwere Folgen für die Demokratie, sollte auf alle Forderungen der Separatisten eingegangen werden:
„Die Amnestie ist die Gegenleistung, das Referendum die Lieferung des ausgehandelten Gutes. Es ist also eine Regierung im Entstehen, die auf traurige Weise wie ein Schwamm wirken wird. Viele Jahre lang wird keine andere Regierung sie in ihrer Fähigkeit übertreffen, alles weiß zu waschen. Ein Fest für Katalanen und Basken, die nicht Teil Spaniens sein wollen. Eine Qual für die Demokratie. ... Sánchez und [Arbeitsministerin Yolanda] Díaz überschreiten sehr gefährliche rote Linien, die Spanien in einen moralischen und rechtlichen Abgrund stürzen. Wer braucht schon Vox, um das Land und seine Institutionen zu ruinieren? “
Separatistische Ideen verdienen keinen Respekt
El Mundo ist gegen eine Amnestie:
„Die Separatisten leben unter uns und verdienen Respekt. Ihre Ideen nicht. ... Derzeit bestimmen ihre reaktionären Vorstellungen (sie schwafeln vom verlorenen Paradies, das zieht immer) die Farbe der künftigen Regierung. ... Die sozialistischen Wähler, die glauben, dass der winkende Preis die Unannehmlichkeiten wert ist, mögen aus verständlicher Absicht handeln: Unter diesen schwierigen Umständen kann die Regierung nur so eine sozialdemokratische Politik machen. ... Vielleicht werden sie aber eines Tages verstehen, dass das Land unter so viel Konfrontation enorm leidet. Und dass man in einer Demokratie Verbrechen nicht ausradiert, um Kriminelle zu reintegrieren. Das Beste ist, sie zu bestrafen.“