Amtsenthebungsverfahren gegen Biden?
Der republikanische Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, hat Ermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Biden angeordnet. Er sehe einen "glaubhaften" Korruptionsverdacht. Ob - wie bei Bidens Vorgänger Trump - tatsächlich ein Impeachment-Verfahren eingeleitet wird, bleibt unklar. Der Schritt ist auch bei den Republikanern umstritten.
Republikaner pokern hoch
Sollten keine konkreten Beweise gegen Biden ans Licht kommen, könnte der Schuss nach hinten losgehen, analysiert The Spectator:
„Es wird weniger wie eine seriöse Untersuchung wirken, sondern eher wie eine parteipolitisch motivierte Hexenjagd oder Rache für das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Eine Umfrage nach der anderen zeigt, dass die Wechselwähler diese Wie-du-mir-so-ich-dir-Kämpfe satt haben. Denn sie beschäftigt eine lange Liste schwerwiegender Probleme, die gelöst werden müssen. ... Sich nicht auf diese Probleme zu konzentrieren, stellt ein zweites großes Risiko für die Republikaner dar. Ihre Partei wird bestraft werden, wenn ein Amtsenthebungsverfahren sie von der Arbeit an Themen abzulenken scheint, die den Wählern wirklich wichtig sind.“
Loyalität wird auf die Probe gestellt
Svenska Dagbladet befürchtet eine weitere Polarisierung der politischen Lager:
„Welche politischen Konsequenzen Ermittlungen in einem möglichen Amtsenthebungsverfahren für Biden haben werden, ist schwer zu sagen. In einer polarisierten amerikanischen Realität neigen Wähler dazu, ihren Führern zu folgen, unabhängig davon, was denen vorgeworfen wird. Trump hat uns gelehrt, dass seine Unterstützung eher gefestigt wird. Es ist nicht sicher, ob Bidens Anhänger ebenso loyal sind – aber die Ermittlungen im Amtsenthebungsverfahren werden das auf die Probe stellen.“
Eine Handvoll Trumpianer hat McCarthy in der Hand
Der Vorgang zeigt vor allem McCarthys Schwäche im eigenen Lager, so La Stampa:
„McCarthys Entscheidung, das Repräsentantenhaus nicht über die Einleitung der Ermittlungen abstimmen zu lassen, ist bezeichnend. Es war der Trump'sche Flügel, der auf ein Amtsenthebungsverfahren drängte, während viele Republikaner dagegen sind. Somit bestand die Gefahr, dass der Antrag hätte abgeschmettert werden können, da die Republikaner nur über eine knappe Mehrheit von fünf Stimmen verfügen. McCarthy verdankt aber seine Wahl zum Sprecher einer Handvoll Trumpianer, die ihn nun faktisch erpressen, indem sie ihn zu immer schärferen Positionen drängen.“
Absetzung extrem unwahrscheinlich
Biden sitzt ziemlich fest im Sattel, erklärt Le HuffPost:
„Die Ermittlungen haben derzeit kaum eine Chance, zu einer Amtsenthebung Bidens zu führen. Denn seine Partei hat die Mehrheit im Senat, welcher ein Urteil über den Präsidenten fällen müsste, sollte er am Ende von den Abgeordneten angeklagt werden. ... In der US-amerikanischen Geschichte wurde noch nie ein Präsident abgesetzt. Drei wurden angeklagt: Andrew Johnson im Jahr 1868, Bill Clinton 1998 und Donald Trump in den Jahren 2019 und 2021. Aber letztendlich wurden alle freigesprochen.“