Impeachment: Wie sicher sitzt Trump im Sattel?
Die Demokraten haben die für ein Amtsenthebungsverfahren nötigen Anklagepunkte vorgestellt: Präsident Trump muss sich demnach wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen des Parlaments verantworten. Er soll die Ukraine dazu gedrängt haben, gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden und dessen Sohn zu ermitteln. Kommentatoren zweifeln an den Erfolgsaussichten eines Impeachments.
Gewitterwolke über dem Wahlkampf
Die Süddeutsche Zeitung hat den Eindruck, dass die Demokraten das Verfahren schnellstmöglich wieder loswerden wollen:
„Warum? Bald wird in Amerika gewählt. Und die Demokraten haben sich verrechnet. Trumps durchaus illegale Trickserei zu entlarven, hat nicht dazu geführt, dass sich eine solide Mehrheit der Bevölkerung gegen ihn wendet; ganz zu schweigen von den nibelungentreuen Republikanern. Stattdessen hängt das Impeachment wie eine Gewitterwolke über dem Wahlkampf der Demokraten. Je schneller sie verschwindet, desto besser. Um zu zeigen, dass sie keine rachsüchtigen Obstruktionisten sind, billigen die Demokraten nun sogar Trumps neuen Handelsvertrag mit Kanada und Mexiko. Sie schenken damit dem Mann einen Sieg, den sie als so gefährlich für Amerika bezeichnen, dass er aus dem Amt geworfen werden muss. Eine ganz eigene Logik.“
Die Bürger haben das letzte Wort
Die Demokraten gehen ein hohes Risiko ein, konstatiert Phileleftheros:
„Der US-Präsident präsentiert sich als Opfer und spricht von 'Hexenjagd'. … Diese Botschaft wurde auch an einen großen Teil der Öffentlichkeit weitergegeben, die gespalten zu sein scheint. Umfragen zufolge ist die Hälfte der US-Amerikaner gegen eine Amtsenthebung, die andere Hälfte befürwortet sie. Die Demokraten setzen also viel aufs Spiel. Höchstwahrscheinlich wird Donald Trump nicht aus dem Amt gedrängt. Zum einen, weil die Entscheidung von der Republikanischen Partei abhängt, die den Senat kontrolliert, zum anderen, weil der Prozess seine Wählerbasis mobilisiert. Die Wähler haben das letzte Wort.“
Trumps Basis hält fest zu ihm
Dass Trump tatsächlich abgesetzt wird, hält auch De Tijd für unwahrscheinlich:
„Für Trump ist die wichtigste Frage, ob der Image-Schaden so groß ist, dass er einen Teil seiner Wählerschaft verlieren wird. Das ist möglich, aber der chaotische und unberechenbare Präsident hat schon merkwürdigere Sprünge gemacht und konnte dennoch seine Basis an sich binden. Es ist daher sehr gut möglich, dass er auch dieses Verfahren politisch überleben wird. Auch [der frühere Präsident Bill] Clinton wurde durch das Amtsenthebungsverfahren gegen ihn nur populärer. Wer Trump als Präsidenten weghaben will, muss das auf andere Weise erreichen: Die Wahl im November 2020 gewinnen. Aber das wird, trotz des Gegners, keine einfache Aufgabe.“