Polen: Führung der Öffentlich-Rechtlichen entlassen
Polens neue Regierung hat die gesamte Führungsriege der öffentlich-rechtlichen Medien entlassen. Vorausgegangen war eine Resolution des Parlaments, die Unparteilichkeit dieser Medien wiederherzustellen, die unter der nationalkonservativen PiS-Regierung "eindeutig Propagandaaufgaben wahrgenommen" hätten. Anhänger und Abgeordnete der PiS versammelten sich vor dem Sitz des Senders TVP, um diesen zu "schützen".
Nerviges Gejammer der PiS
Bogusław Chrabota, Chefredakteur von Rzeczpospolita, sieht keinen Anlass zur Kritik:
„Ich habe genug von diesem nervigen Gejammer der PiS-Politiker, die Tusk-Regierung bekämpfe die Meinungsfreiheit. Und dass die öffentlichen Medien gerettet werden müssen. Das ist der Gipfel der Heuchelei. Und wie in den Zeiten totalitärer Regime werden Täter und Opfer verwechselt. Die Beseitigung der Propagandisten ist eine Chance, zur Normalität, zu professionellen Standards und zum gesetzlichen Auftrag zurückzukehren. Strafe muss sein, weil es Schuld gab. Das ist es, was Moral ausmacht.“
Der polnische Sturm aufs Kapitol?
Tygodnik Powszechny vergleicht das Vorgehen der PiS-Politiker mit den Ereignissen nach der Abwahl Donald Trumps:
„Der einzige Unterschied ist allenfalls, dass die PiS-Abgeordneten, die das TVP-Gebäude besetzen, sich wesentlich zivilisierter verhalten als Trumps Anhänger. Sie haben nicht nur das Recht, in dieser Form zu protestieren, sie haben auch das Gesetz teilweise auf ihrer Seite. Denn um Änderungen bei den öffentlich-rechtlichen Medien wirklich rechtskonform durchzuführen, müsste das Gesetz über den Nationalen Medienrat geändert werden, vielleicht auch das Rundfunkgesetz. ... Nur dass es die PiS selbst war, die die Öffentlich-Rechtlichen so politisiert hat, dass darin ein klarer Verstoß gegen das Rundfunkgesetz zu sehen ist, das die Medien zu Zuverlässigkeit und Objektivität verpflichtet. Und das gibt dem Eigentümer dieser Anstalten das Recht, einzugreifen.“
Klarer Verfassungsbruch
Stanisław Janecki vom PiS-nahen Portal wPolityce.pl hätte sich ein Einschreiten des Staatsoberhaupts gewünscht:
„Zum Zeitpunkt des Anschlags auf die öffentlich-rechtlichen Medien und ihre gesetzlichen Organe leitete Präsident Andrzej Duda die Beratungen des Nationalen Sicherheitsrats. Dort traf er auf Personen, darunter Donald Tusk, die gerade geltendes Recht, einschließlich der Verfassung, gebrochen hatten. Meiner Meinung nach sollte der Präsident Tusk auffordern, unverzüglich den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen und die Beratungen des Nationalen Sicherheitsrates abbrechen. ... Mit Verfassungsfeinden kann und sollte der Präsident als Hüter der Verfassung nicht sprechen, sondern nur der Staatsanwalt.“