Werden Steuersenkungen britische Wähler überzeugen?
Der britische Finanzminister Jeremy Hunt hat am Mittwoch den aktualisierten Haushaltsplan vorgestellt und dabei deutliche Steuererleichterungen angekündigt. So sollen die Sozialversicherungsbeiträge um zwei Prozentpunkte sinken. Die Presse kommentiert den Schritt vor allem in Bezug auf die voraussichtlich im Herbst anstehende Parlamentswahl.
Ein Haushalt, der sich gut verkaufen lässt
Die Tory-Regierung versteht die finanziellen Nöte der Bevölkerung, lobt The Times:
„Unter anderem werden rund 28.000 Kleinunternehmen von den Erleichterungen profitieren. Sie gelten nicht mehr als mehrwertsteuerpflichtig, weil der Schwellenwert für die Steuerbefreiung angehoben wird. Die um ein weiteres Jahr eingefrorene Kraftstoffsteuer wird den finanziellen Druck auf Pendler und Landbewohner verringern. Das war der beste Haushalt, den Hunt abliefern konnte: Eine ambitionierte Grundsatzerklärung, die demonstrieren soll, dass die Regierung die Herausforderungen versteht, mit denen die britischen Arbeitnehmer konfrontiert sind. Und das ist natürlich auch die Story, die Sunak den Wählern für die Parlamentswahlen erzählen möchte.“
Verzweiflungsakt vor der Abwahl
The Guardian kritisiert:
„Die meisten Menschen stellen mittlerweile berechtigterweise fest, dass ihr Wohlergehen nicht nur von der Höhe der Steuern abhängt. Es hängt ebenso davon ab, ob sie und ihre Familie im Krankheitsfall behandelt werden, ob die nötigen Operationen durchgeführt werden, die Pflege der älteren Angehörigen gesichert ist und ob es in Schulen ihrer Kinder genügend Lehrer gibt. Hunts Haushalt – mit seinen unzureichenden Mitteln für das Gesundheitswesen und Schulen und mit einer neuen Runde von Kürzungen für Kommunen und die Sozialfürsorge – wird bestenfalls als irrelevant in die Geschichte eingehen. Wahrscheinlicher ist es aber, dass er sich als zynisches Spiel einer verzweifelten Regierung in ihren letzten Tagen vor der Abwahl erweist.“
Niedergang einer einstigen Weltmacht
Als bloßes Wahlkampfgeschenk werden die Steuererleichterungen von der Frankfurter Rundschau kritisiert:
„Damit die Torys und ihre Klientel Zeit vor dem sicheren Desaster an der Urne gewinnen, um zu retten, was man noch irgend mitgehen lassen kann. Was zurückbleibt – die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Wüstenei einer durch Brexit-Irre und Eton-Fatzkes ausgepressten einstigen Weltmacht, ohne die dieser Planet sehr viel ärmer wäre –, das darf dann die nächste Labour-Administration wegkehren. Besser machen will es die britische Sozialdemokratie ja auch gar nicht. Der Olaf-Scholz-Klon Keir Starmer hat bereits diverse Reformvorhaben zusammengestrichen oder abgemeldet.“