80 Jahre nach Warschauer Aufstand: Was bleibt?
Zum 80. Jahrestag des Warschauer Aufstands ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in die polnische Hauptstadt gereist, um die Bevölkerung um Vergebung zu bitten. Die von der Polnischen Heimatarmee angeführte Rebellion dauerte 63 Tage und wurde von den NS-Besatzern brutal niedergeschlagen. Rund 200.000 Widerstandskämpfer und Zivilisten wurden getötet, die Stadt im Anschluss, vor dem Einrücken der Roten Armee, fast vollständig zerstört.
Gescheitertes Aufbegehren gegen Unterdrückung
Adam Michnik, Chefredakteur der Gazeta Wyborcza und ehemaliger antikommunistischer Dissident, schreibt:
„Ohne den Warschauer Aufstand zu verstehen, können wir uns selbst, unseren Glanz und unser Elend nicht verstehen. Ohne diesen Aufstand – der in seinen Folgen so tragisch war – wären wir eine andere Nation. ... Der Warschauer Aufstand richtete sich militärisch gegen Hitler, politisch gegen Stalin, und emotional war er eine Demonstration gegen die Unterwerfung unter Sklaverei und fremdes Diktat. Er war ein letzter, verzweifelter Versuch, die [1943 auf der Konferenz] in Teheran geborene und nach Jalta führende politische Logik umzukehren. Diese verdammte die Polen zu langen Jahren kommunistischer Diktatur und sowjetischer Fremdherrschaft.“
Zeit für Entschädigung
Deutschland kann sich seiner Verantwortung auch in materieller Hinsicht nicht länger entziehen, meint wPolityce:
„Anlässlich solcher Feierlichkeiten werden Themen lebendig, die für das heutige Deutschland unbequem sind. Diese reichen von der Diskussion über die Verbrechen und die moralische Verantwortung der Deutschen bis hin zu einer Debatte über materielle Wiedergutmachung. Wenn das Verbrechen so groß war, dass das Staatsoberhaupt den Opfern Ehrerbietung erweist, kann man es nicht mit der Bemerkung abtun, es sei schon lange her und deshalb nicht mehr wichtig.“
Wenig Widerhall in Deutschland
Berlin sollte endlich das geplante Denkmal für die polnischen Opfer der deutschen Besatzung bauen, fordert der Warschau-Korrespondent der Welt, Phillip Fritz:
„Der Bundestag schließlich hat bereits 2020 den Bau beschlossen. Die Menschen in Polen werden ungeduldig; jede Woche, die vergeht, haben weniger Überlebende die Chance, diese Form der Anerkennung ihres Leids zu Gesicht zu bekommen. Allein deswegen ist Eile geboten. Die Niederschlagung des Warschauer Aufstands ist wohl das größte deutsche Kriegsverbrechen, dessen Dimension sich die Deutschen kaum bewusst sind. Steinmeiers Worte haben denn in der deutschen Öffentlichkeit nur einen geringen Widerhall gefunden.“