Portugal sucht stabile Regierung
Nach der Wahl in Portugal ist die Regierungsbildung schwierig. Das Mitte-rechts-Bündnis unter Premier Pedro Passos Coelho bekam die meisten Stimmen. Linke Parteien stellen jedoch mehr als die Hälfte der Abgeordneten. Einige Kommentatoren sehen im Wählervotum eine deutliche Ablehnung des Sparkurses. Andere loben die Portugiesen dafür, dass sie anders als die Griechen gewählt haben.
Portugiesen sind anders als Griechen
Das Wahlergebnis zeigt, dass die Portugiesen mit der Krise viel besser umgegangen sind als die Griechen, lobt die liberale Mladá fronta Dnes: "Portugal hat harte Sparmaßnahmen umgesetzt. Auch wenn heute noch niemand feiern mag, sind doch die größten Schwierigkeiten überwunden. Die Ergebnisse der Wahl zeigen, dass die Portugiesen im Gegensatz zu den Griechen mit dem Ausgang der Krise deutlich zufriedener sind. Obwohl die Regierung ihre Mehrheit verloren hat, bleibt sie am Ruder. ... Böse Zungen sagen, die Portugiesen seien nur zu passiv, sich aufzulehnen. Konservative Kommentatoren beschreiben zudem die Geschichte des Landes als einen 500-jährigen Abschwung. In der Tat ist eine geraume Zeit vergangen, seit das am westlichsten gelegene Land Europas eine Kolonial- und Seegroßmacht war. Dennoch haben sich die meisten der Portugiesen gern verändert."
Wähler wollen nicht mehr leiden
In dem Ergebnis von Sonntag sieht die linksliberale Tageszeitung The Guardian ein Votum der Wähler gegen einen zu strikten Sparkurs: "Nachdem sie durch die wirtschaftlichen Qualen eines strikten Sparkurses gegangen sind, wollen Portugals Wähler zwar nicht die erzielten Gewinne leichtfertig verspielen. Sie wollen angesichts der sich langsam verbessernden ökonomischen Indikatoren aber auch nicht mehr leiden, als unbedingt nötig zu sein scheint. Die Wahl hat ein prekäres Ergebnis gebracht, das Instabilität und eine frühe Rückkehr zu den Wahlurnen bedeuten könnte. Doch sie bietet auch eine Chance für die beiden größten Parteien, zusammenzuarbeiten, um das zu liefern, was die portugiesischen Wähler eindeutig wünschen: eine deutliche Abschwächung des Sparkurses, nun da das Schlimmste vorüber zu sein scheint."
Sozialisten sollten Sparpolitik abmildern
Die portugiesische Partido Socialista (PS) - zweitstärkste Kraft bei der Wahl - sollte dem Wahlsieger Passos Coelho durch Duldung zu einer stabilen Regierung verhelfen und im Gegenzug eine Abmilderung der Sparpolitik verlangen, rät die linksliberale Tageszeitung El País: "Der PS will eine 'moderate Sparpolitik', während die anderen beiden [Linksparteien] die Austeritätspolitik beenden wollen. Das Problem von Passos Coelho könnte darin bestehen, dass die linke Mehrheit zwar nicht regiert, aber ausreicht, um sein Regieren zu blockieren. In diesem Fall gäbe es eine sechsmonatige Übergangsregierung bis zu Neuwahlen, von denen niemand wissen kann, ob sie nicht ein ganz ähnliches Ergebnis erbrächten wie das vom Sonntag. Nur eine PS, die Passos Coelho zeitweilige Unterstützung gewährt, sofern dieser sich zu einer Abfederung der anstehenden Sparpläne verpflichtet, könnte aus dieser Sackgasse führen und die aus der Pattsituation resultierende Instabilität überwinden."
Passos Coelho muss Dialog suchen
Die Zwei-Parteien-Allianz von Premier Passos Coelho muss nun der Stabilität wegen den Dialog im Parlament suchen, mahnt die liberal-konservative Tageszeitung Diário de Notícias: "Das beste Ergebnis für Portugal wäre ein Wahlsieger mit absoluter Mehrheit gewesen, eine Regierung, die in der Lage gewesen wäre, die nächsten Staatshaushalte durchzubringen und für die nötige politische Stabilität zu sorgen. ... Nun, die Portugiesen haben anders entschieden. ... Portugals Präsident muss trotz des knappen Ergebnisses die [bisher regierende] PàF-Allianz zur Regierungsbildung einladen - gleichzeitig muss er aber viel mehr: Er muss die Sieger davon überzeugen, dass im Parlament eine Mindestvereinbarung [mit den Sozialisten] vonnöten sein wird, um das Regierungsprogramm und vor allem den Staatshaushalt durchzubringen - damit Portugal nicht wieder unter die Räder der Märkte kommt."