Konservative gewinnen Wahl in Kroatien
Die konservative Opposition hat Teilergebnissen zufolge die Parlamentswahl in Kroatien gewonnen und die regierenden Sozialdemokraten auf den zweiten Platz verdrängt. Dritte Kraft und damit möglicher Koalitionspartner ist die neue wirtschaftsliberale Partei Most. Sie wird Reformen im Land anstoßen, jubeln einige Kommentatoren. Andere fürchten, Kroatien könnte sich wieder von der EU entfernen.
Reset für Kroatien
Der Erfolg der neuen Partei Most bei der Parlamentswahl in Kroatien lässt auf Reformen hoffen, jubelt die linksliberale Tageszeitung Novi list: "Es gab doch eine Überraschung! Eine politische Option, entstanden kurz vor der Wahl, ein low-budget 'startup' aus der Garage von [Regionalpolitiker und Most-Chef] Božo Petrov ist nun nach den Erfolgen seiner Kandidaten bei den Regionalwahlen der wahre Gewinner der Wahl für die achte Legislaturperiode des kroatischen Parlaments. ... Was Most will, lässt sich im Informatikjargon als 'Reset für Kroatien' bezeichnen. Dies ist auch was Kroatien wirklich braucht, ein Löschen des Inneffizienten und Nutzlosen, neue Inhalte die uns zu einer menschlicheren Gesellschaft und einem waren europäischen Land machen. ... Wenn Most wirklich unumgänglich für die Bildung einer neuen Regierung sein sollte, dann wird dies ein neues Kapitel der Geschichte der kroatischen Demokratie."
Beunruhigendes Wahlergebnis
Das Ergebnis der Wahl in Kroatien gefährdet das Verhältnis des Landes zu Europa, warnt die liberale Tageszeitung Südostschweiz: "In Kroatien steht auf der einen Seite eine lust- und kraftlose Regierung, der nach erreichtem EU-Beitritt nichts mehr einfällt und die ohne Schwung eine wirtschaftliche Dauermisere verwaltet. Ihr gegenüber steht eine Opposition, die ihre Ratlosigkeit mit nationalen Kraftsprüchen übertönt, an eine scheinbar glorreiche Vergangenheit anknüpft, mit Ressentiments gegen einen angeblich dekadenten Westen jongliert. Die Konstellation ist gefährlich. Im EU-Land Ungarn hat sie das Muster der 'illiberalen Demokratie' hervorgebracht: eine robuste, autoritäre, populistische Herrschaft. ... Kroatien wird, wie es aussieht, den ungarischen Weg nicht gehen; selbst wenn die nationale Rechte die Nase vorn hat, wird sie für ihre Pläne kaum passende Koalitionspartner finden. Beruhigen kann einen das nicht. Die Listenverbindung 'Most', die mit ihrem überraschenden Erfolg das Zünglein an der Waage bilden darf, repräsentiert noch keinen Ausweg aus der Polarisierung, bloss die Sehnsucht danach."
Viel Arbeit für das schwarze Schaf der EU
Nach der Parlamentswahl liegt viel Arbeit vor der neuen Regierung, meint die linksliberale Tageszeitung Delo: "Kroatien ist mit einer Staatsverschuldung von knapp 93 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einer der größten Sünder in der EU, die Zeiten sind alles andere als rosig. Dennoch scheint es, dass Kroatien noch immer nicht verstehen will, was das Leben in der EU-Familie bedeutet. Es streitet lieber, als dass es Kompromisse macht. Dafür gibt es einige Beispiele. Vom Streit mit Berlin und Brüssel wegen des Europäischen Haftbefehls oder wegen der Flüchtlinge. Kroatien streitet mit den Nachbarn, mit Ungarn um Öl, mit Italien um Rundfunkfrequenzen. Die EU-Kommission wird von der neuen kroatischen Regierung auch die Fortsetzung des Schiedsverfahrens um die Grenze mit Slowenien fordern. ... Das dürfte für Zagreb eine schwierige Aufgabe werden, weil Brüssel hier von einem Kompromiss spricht. Ein Wort, das in der EU etwas Alltägliches ist, in Kroatien aber immer als Niederlage und Nachgeben zum eigenen Schaden gedeutet wird."