Ölförderländer wollen Preisverfall stoppen
Die Ölförderländer Saudi-Arabien, Russland, Katar und Venezuela haben am Dienstag in Doha eine Begrenzung der Fördermenge beschlossen, um den Preisverfall am Weltmarkt zu stoppen. Die Auswirkungen des Ölpreisverfalls auf die globale Konjunktur aber auch auf die Geopolitik beschäftigen die Kommentatoren.
Ölpreis macht aus Feinden Geschäftspartner
Dass sich Saudi-Arabien und Russland hier abstimmen, ist mit Blick auf die Lage in Syrien zumindest erstaunlich, bemerkt die liberal-konservative Tageszeitung Diário de Notícias:
„Wer sich das Treffen der Ölminister angeschaut hat, würde nicht denken, dass es sich um Länder handelt, die in Syrien gegnerische Lager unterstützen. ... Nun, in Doha ging es um das einzige Thema, über das sich beide Länder noch einig sind: die Dringlichkeit, den Ölpreisverfall zu stoppen. ... Derweil unterstützt Moskau weiter den Vormarsch der syrischen Armee auf Aleppo, wo sich Rebellen befinden, die den syrischen Diktator Assad stürzen wollen und dabei vom saudischen Königshaus unterstützt werden. Leere Kassen und Kriegstrommeln sind bekanntlich keine gute Kombination. Vielleicht hilft ja der niedrige Ölpreis, die Ambitionen der Russen und Saudis in Syrien etwas herunterzufahren.“
Benzin und Diesel besteuern - jetzt
Der niedrige Ölpreis ist weder ein Glücksfall noch ein Geschenk, sondern eine Aufforderung zum Handeln unter anderem für Dänemarks Regierung, betont die linksliberale Tageszeitung Politiken:
„Ziel muss es sein, sich vollständig unabhängig zu machen von den Regimen, die Terror und Krieg wollen und nur auf den richtigen Moment warten, um den Ölpreis wieder hochzusetzen. Nur indem man diese Machthaber auf einer wirtschaftlichen Ebene trifft, kann man auf demokratische Veränderungsprozesse hoffen. Deshalb sollte Dänemark die richtigen Konsequenzen aus dem niedrigen Ölpreis ziehen. Warum nicht eine Abgabe auf Benzin und Diesel? ... Sollte der Preis wieder steigen, kann die Regierung die Abgabe anpassen. Der Gewinn sollte verwendet werden, um den öffentlichen Personennahverkehr billiger zu machen oder die Wirtschaft grüner. Das wäre gut fürs Klima und schlecht für die Diktatoren.“
Wenn Russland schwach ist, freut sich Lettland
Etwas Positives kann dem sinkenden Ölpreis mit Blick auf Russland die Tageszeitung Diena abgewinnen:
„Der Ölpreis bedeutet wirtschaftliche Probleme für Russland, das seit langem der drittwichtigste Exportpartner für Lettland ist. Und dies kann auch die lettische Wirtschaft negativ beeinflussen. ... Gleichzeitig erkennen viele auch positive Aspekte dieser Entwicklung: Finanzielle Probleme schränken Russlands Möglichkeiten ein, sich zu bewaffnen und verschiedene Aktivitäten der Separatisten in seinen Nachbarländern zu unterstützen. … Die Entwicklungen auf dem Ölmarkt haben globale Bedeutung und letztlich können die positiven Folgen für unser Land die negativen Auswirkungen überwiegen, die sich durch den Verlust des russischen Marktes für lettische Exportunternehmer ergeben.“
Ölpreismonster lähmt die Welt
Auch wenn sich ein fallender Ölpreis üblicherweise positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirkt, stellt er eine Gefahr dar, warnt die wirtschaftsliberale Wochenzeitung Economist:
„Der Einbruch von Einnahmen könnte politische Instabilität für fragile Regionen dieser Welt wie Venezuela und die Golfstaaten bedeuten und zudem die Rivalitäten in Nahost anheizen. Billiges Öl hat einen ökologisch positiven Nebeneffekt, weil es auch den Preis für Erdgas nach unten zerrt und dieses wiederum die wesentlich dreckigere Kohle verdrängt. Aber auf lange Sicht reduzieren billige fossile Brennstoffe den Anreiz, gegen den Klimawandel zu agieren. … Der Ölpreisschock fällt in eine Zeit, in der die Weltwirtschaft noch immer mit den Folgen der Finanzkrise kämpft. Man könnte glauben, dass es keinen besseren Moment für einen Aufschwung gibt. Doch ein sich auf freiem Fuß befindliches Ölmonster könnte die Welt lähmen.“
Saudi-Arabien könnte Finanzkrise auslösen
Große Sorgen bereiten der Tageszeitung Jutarnji list die Spekulationen, wonach Saudi-Arabien die Dollarbindung seiner Währung Riyal aufheben könnte:
„Die Loslösung vom Dollar würde sofort zu einer Entwertung des Riyals führen, der Ölpreis fiele unter 10 Dollar pro Barrel und in Saudi-Arabien würde die Hyperinflation ausbrechen. Für die Weltfinanzen wäre dies gleichbedeutend mit der Explosion einer thermonuklearen Bombe. In direkter Reaktion käme es in allen anderen Golfstaaten, die ihre Währung an den Dollar gebunden haben, zu einer Geldentwertung und zu einer sofortigen Inflation. Danach würde eine Entwertung des Rubels folgen, des kanadischen und des australischen Dollars, des Pesos, des algerischen Dinar, der Rupie. ... Dieses Katastrophenszenario hat mit dem Fall des Ölpreises schon begonnen. Kasachstan und Aserbaidschan haben ihre Dollarbindung aufgegeben, während Banken und Fonds sich gegen den Kursverfall des Riyals absichern.“