Demonstranten fordern Neuwahl in Moldau
In Chișinău haben Demonstranten am Mittwoch das Parlament gestürmt und Neuwahlen gefordert. Auch am Donnerstag protestierten Tausende gegen die designierte Regierung unter Pavel Filip, der einen Kurs der EU-Annäherung verfolgt. Rumäniens Presse diskutiert, was Neuwahlen für Moldau bedeuten würden.
Die Bürger haben es einfach satt
In den Protesten entlädt sich schlichtweg der Frust der Bürger, erklärt die Tageszeitung Jurnalul National. Um die Frage, ob Moldau sich der EU oder Russland annähert, gehe es weniger:
„Was in diesen turbulenten Tagen jenseits des [Grenzflusses] Pruth passiert, hat weniger mit pro- oder anti-europäischen Gefühlen zu tun, sondern vor allem mit einer Abneigung, die sich nun in Wut verwandelt hat, ganz gleich ob die Leute pro-russisch, pro-europäisch oder politisch irgendwo dazwischen sind. Einmal außer Kontrolle geraten kann die Wut leicht in einen moldauischen Maidan entarten. Nach dem 'Jahrhundert-Diebstahl' - dem Verschwinden einer guten Milliarde Euro aus den Kassen moldauischer Banken - haben die Menschen ganz einfach diese ineffiziente, korrupte und unfähige Klasse satt, die sich ständig vor der Verantwortung drückt, nur um den Status Quo zu erhalten, der ihnen die Taschen füllt.“
Verlässt Chișinău den europäischen Orbit?
Dass Neuwahlen ganz klar die pro-russischen Parteien gewinnen würden, glaubt das Nachrichtenportal Hotnews:
„Vor dem Hintergrund der allgemeinen Unzufriedenheit über die selbsternannten pro-europäischen Parteien, die das Land in den letzten Jahren regiert haben, vor dem Hintergrund des riesigen Bankenskandals und des dramatisch gesunkenen Lebensniveaus ist der Rückhalt für diese Parteien in der Bevölkerung völlig weggebrochen. Umfragen zeigen, dass die Neuwahlen die beiden [pro-russischen] Politiker Renato Usatîi und Igor Dodon gewinnen würden. Sie zusammen könnten mit Hilfe der Kommunisten von Vladimir Voronin das Land aus dem europäischen Orbit schmeißen und in Richtung Eurasische Union dirigieren. ... Wie es mit dem Land weitergeht, ist nicht nur wichtig für seine Bürger. Es gehört auch zum Schachspiel zwischen Russland und dem Westen.“
Pro-europäische Kräfte brauchen Aufschub
Wie ein Sieg der pro-russischen Kräfte verhindert werden kann, erklärt die rumänische konservative Europaparlamentarierin Monica Macovei auf dem Nachrichtenportal Ziare:
„Ein großer Teil der Bevölkerung will Neuwahlen. Die Bürger wollen andere Parteien und ein neues Parlament. Doch jetzt Neuwahlen abzuhalten, würde bedeuten, dass die neuen Parteien gar keine Zeit zur Vorbereitung hätten. Die einzigen, die derzeit profitieren würden, wären die sozialistischen und kommunistischen Parteien, ganz gleich, wie sie heißen, die näher an Russland als an Europa sind. ... Die Lösung wäre, dass die wirklich europäischen Kräfte sich nun vereinen und die Amtszeit [des designierten Premiers] Pavel Filip auf ein Minimum reduzieren. Es sind nur ein paar Monate nötig, um neue politische Kräfte zu bilden, die bei den Leuten auf der Straße Rückhalt hätten und kandidieren könnten.“