Portugal wählt Rebelo de Sousa zum Präsidenten
Der gemäßigt konservative Politiker Marcelo Rebelo de Sousa wird der neue portugiesische Präsident. Er setzte sich am Sonntag im ersten Wahlgang durch. Kommentatoren sehen Rebelo de Sousa als Gegengewicht zur neuen Linksregierung und als Vermittler zwischen den politischen Lagern.
Alles anders als in Griechenland
Marcelo Rebelo de Sousa wird in seinem Land den Zusammenhalt fördern, glaubt die linksliberale Tageszeitung El País:
„Lobenswerterweise hat Rebelo in seinem Wahlkampf Dialog und Vermittlung versprochen, um das System zu stabilisieren. Ein System, das im Unterschied zu beispielsweise Griechenland die Attacke der brutalen Wirtschaftskrise überstanden hat. Das hat dazu geführt, dass die portugiesische Gesellschaft nach wie vor in ihre Institutionen vertraut. Ohne großes Aufsehen besetzt Portugal das Amt des Staatschefs mit einem Konservativen aus der Medienwelt, der einen unaufgeregten Wahlkampf geführt hat und der Einheit und Dialog verspricht statt drastische und schnelle Lösungen. Trotz der bevorstehenden Schwierigkeiten haben die Portugiesen - natürlich mit ihrer typisch großen Wahlenthaltung - eine Botschaft der Stabilität und der politischen Zusammenarbeit gesendet.“
Klare Absage an alle Träumereien
Die Portugiesen haben sich für ein konservatives Gegengewicht zur neuen Linksregierung entschieden - so interpretiert die konservative Tageszeitung ABC den Wahlausgang:
„Portugal musste sich retten lassen. Zum Überleben bedurfte es der Hilfe seiner europäischen Partner und der Finanzsektor befindet sich nun in einer äußerst schwierigen Situation. Jede unangemessene Geste gefährdet die Wirtschaft des Landes. ... Die Idee einer Front gegen die Sparpolitik, die sich von Griechenland, Frankreich, Italien und Portugal her ausbreitet - und die nun von einer Anti-Austeritäts-Regierung in Spanien träumt - ist eine kontraproduktive Utopie. Sie ist mit dem Prinzip der Einheitswährung unvereinbar und stört die für den Aufschwung nötige Stabilität. Die Botschaft der portugiesischen Wähler ist eine klare Absage an solche Träumereien. Sie fordern Mäßigung, Strenge und Bedachtsamkeit.“
Präsident bleibt Dreh- und Angelpunkt
Trotz des Desinteresses der Mehrheit der Portugiesen während des Wahlkampfes bleibt die Figur des Präsidenten enorm wichtig, betont die liberale Wochenzeitung Expresso:
„Eine merkwürdige Gleichgültigkeit war zu spüren, als seien die Portugiesen der Politik müde geworden, die das Jahr 2015 so geprägt hat - oder als erachteten sie das Amt des Präsidenten auf einmal als unwichtig. Doch es kann keine falschere Überlegung als diese geben. Obwohl die letzte Amtszeit von Cavaco Silva den Portugiesen nicht gerade die liebste war, spielt der Präsident nach wie vor eine wichtige Rolle: In turbulenten Zeiten ist er der Dreh- und Angelpunkt, derjenige, der das System ausgleicht. ... In einer Zeit großer politischer Unsicherheit und tiefgreifender wirtschaftlicher Unsicherheiten spielt er eine Schlüsselrolle.“