Literaturnobelpreisträger Kertész gestorben
Der jüdisch-ungarische Schriftsteller Imre Kertész, dem im Jahr 2002 der Literaturnobelpreis verliehen wurde, ist am Donnerstag im Alter von 86 Jahren in Budapest gestorben. Als Auschwitz-Überlebender widmete er sein literarisches Schaffen der Erinnerung an das Leid. Die ungarische Presse würdigt sein Vermächtnis.
Kertész' letzte Botschaft: Seid wachsam!
Als Holocaust-Überlebender und Leidtragender kommunistischer Repression steht Kertész als Symbol dafür, dass wir aus der Vergangenheit lernen müssen, meint der Publizist Gellért Rajcsányi auf dem Meinungsportal Mandiner:
„Am Ende seines langen Lebens stand Imre Kertész über den Dingen. Er war weise geworden, zugleich aber auch verhärmt. Er hätte durchaus weise und heiter sein können. Das blieb ihm indes verwehrt. Sein Schicksal wollte es nicht zulassen. Die verdammten Umstände. ... Mit seinem Schicksal und seiner Schicksalslosigkeit ist Imre Kertész ein Menetekel für uns. Wir dürfen das 21. Jahrhundert nicht verunstalten. ... Lasst Euch nicht unterkriegen und seid immerzu wachsam. Vielleicht war das die letzte Botschaft von Kertész. Halten wir sie uns vor Augen.“
Erinnerung an Auschwitz ist untilgbar
Als Chronist des Holocaust führte uns Kertész vor Augen, dass wir Auschwitz nie und nimmer werden vergessen machen können, meint der Philosoph Gáspár Miklós Tamás auf dem Blogportal Kettős Mérce:
„Das Phänomen Auschwitz sei vollständig erschlossen worden, sagte Kertész, dennoch sei es ein unlösbares, stummes, unaussprechliches Geheimnis. ... Wir wissen nicht, ob Imre Kertész Recht hat. Wir hoffen natürlich, dass er falsch liegt. Ist doch seine Wahrheit, sofern sie wahr ist, unerträglich. Auch er konnte sie nicht ertragen. Von daher rührt sein berühmtes Lächeln. Von daher rührt auch sein Satz, wonach das Schreiben, ja das Leben selbst überflüssig seien. Gleichwohl leben und schreiben wir, und sollte Imre Kertész doch Recht haben, dann tun wir es um den Preis, Auschwitz zu vergessen. Das allerdings ist unmöglich.“