Prager Innenminister lässt Asylprogramm stoppen
Die Prager Regierung hat am Donnerstag auf Druck von Innenminister Milan Chovanec ein Pilotprojekt zur Aufnahme verfolgter Christen aus dem Irak vorzeitig abgebrochen. Zuvor waren 25 der bisher rund 90 Programmteilnehmer nach Deutschland weitergereist, um dort Asyl zu beantragen. Die tschechische Presse diskutiert die Reaktion des Innenministers.
Dem Minister passen Flüchtlinge generell nicht
Verärgert über die Reaktion des Innenministers zeigt sich die wirtschaftsliberale Zeitung Hospodářské noviny:
„Für den Minister ist die Sache klar: Die Iraker sind undankbar, das Programm ist überflüssig. Die Arithmetik sagt jedoch, dass zwei Drittel der Iraker bleiben wollen. Zudem ist 60 weiteren Irakern die Aufnahme versprochen worden. Weisen wir jetzt allen eine Art Kollektivschuld zu? ... Dem Minister passen die Flüchtlinge generell nicht, ob sie nun nach Tschechien kommen oder aus Tschechien weggehen. Logisch und anständig wäre es, das Projekt durchzuziehen und dann zu bewerten. Doch um Logik geht es in dieser Sache schon lange nicht mehr.“
Wasser auf die Mühlen der Flüchtlingsgegner
Nach diesem Vorfall wird sich die tschechische Gesellschaft Flüchtlingen gegenüber weiter verschließen, glaubt die liberale Mladá fronta dnes:
„Die illegale Ausreise nach Deutschland ist Wasser auf die Mühlen derjenigen Tschechen, die überhaupt keine Flüchtlinge aufnehmen wollen. Wie soll man zehntausende Muslime integrieren, wenn das nicht einmal mit ein paar Dutzend Christen gelingt? ... Prag wollte mit der Eingliederung der Iraker Brüssel gegenüber ein Alibi erhalten: Wir wehren uns zwar gegen feste Quoten, helfen aber freiwillig. ... Nach dem jetzigen Fiasko wird es sehr viel schwieriger werden, den Menschen zu vermitteln, weshalb nach dem Türkei-Deal tausende Muslime nach Tschechien geschickt werden sollen, obwohl Prag sein Veto eingelegt hat.“
Innenminister gießt Öl ins Feuer
Tschechiens Innenminister Milan Chovanec hat den 25 Irakern Undankbarkeit vorgeworfen - was die wirtschaftsliberale Hospodářské noviny wiederum als Populismus kritisiert:
.„Statt die hochkochenden Emotionen zu dämpfen und Bedauern über das gescheiterte Integrationsprojekt zu äußern, sagte er, diese Menschen hätten 'den guten Willen Tschechiens und seiner Bewohner missbraucht'. ... Haben die Flüchtlinge wirklich etwas missbraucht? Oder haben sie sich nur so verhalten, wie sie es gewohnt waren, ungeachtet der Warnungen, was ihnen dann drohe? Es ist zwar völlig richtig, ihnen das Asyl zu entziehen und sie zurück in den Irak zu schicken. Das heißt aber nicht, dass man das alles noch mit Worten von Missbrauch begleiten muss. Vor allem nicht in einer Situation, in der ein großer Teil der Bevölkerung sowieso schon panische Angst vor Flüchtlingen hat“