Zeigen Panama Papers Parallelwelt der Reichen?
Die Panama Papers zeigen, dass Politiker und Prominente aus aller Welt ihr Geld in Briefkastenfirmen parken. Für einige Kommentatoren ist dies der Beweis, dass sich die Superreichen eine Parallelwelt mit eigenen Regeln geschaffen haben. Andere warnen davor, vorschnell mit dem Finger auf Wohlhabende zu zeigen.
Politikverdrossenheit wird wachsen
Das Ausmaß des in Briefkastenfirmen verschobenen Geldes leistet der generellen Unzufriedenheit mit der Politik Vorschub, meint der Politologe Valentin Naumescu auf dem Blog Contributors:
„Die Globalisierung der Korruption scheint letztendlich das tatsächliche Wesen von Reichtum und Macht zu sein. Die Offenbarung dieser Wahrheit ist Öl für das schwelende Feuer der Anti-System-Revolution, die überall in der Welt unter verschiedenen Namen und ideologischen Plattformen heranreift. Nicht nur die Haushalte und die klassischen Finanzsysteme sind von den Enthüllungen betroffen, sondern die internationale politische Ordnung insgesamt. ... Je mehr Geld sie haben, desto mehr wächst der Appetit der globalisierten Gauner, dem Staat weniger zu überlassen - auch wenn sie im jeweiligen Land selbst an der Führung sitzen und im Grunde selbst die Steuersätze vorgeschrieben haben.“
Gier ist eine universelle Pandemie
Die Dokumente zeigen, dass die Wohlhabenden sich eine Parallelwelt geschaffen haben, meint die wirtschaftsliberale Tageszeitung Jornal de Negócios:
„Die Panama Papers sind aus vielen Gründen erschreckend: weil sie die Auffassung der Gesellschaft - wie wir sie heute wahrnehmen - untergraben. Weil sie eindeutig ein Beweis dafür sind, dass Gier zu einer universellen Pandemie geworden ist. Weil sie zeigen, inwieweit die 'Mächtigen dieser Welt' glauben, dass die Gesetze für sie einfach nicht gelten - oder sie Sonderrechte hätten. ... Die Panama Papers offenbaren eine ähnliche Welt wie die von Gotham City: eine Heimat der Kriminalität und Korruption - eine obszöne Welt voller Gefahren, bevölkert von öffentlichen Figuren, die ein Doppelleben führen. ... Die einzige objektive Art und Weise, diese Praktiken zu stoppen, wäre die 'Mittel der Versuchung' [die Steueroasen] ein für alle Mal zu beseitigen.“
Reiche in aller Welt teilen sich die Beute
Der Kampf zwischen Arm und Reich findet nicht nur auf nationaler Ebene statt, analysieren die Soziologen Michel Pinçon und Monique Pinçon-Charlot in der linksliberalen Tageszeitung Le Monde:
„Steuerhinterziehung ist eines der Herrschaftsinstrumente der Reichsten, um durch die Schaffung von Haushaltsdefiziten die Zustimmung der Bevölkerungen zur Rückzahlung von Schulden zu erhalten, die in Wahrheit zur weiteren Bereicherung der Vermögenden dienen. Die jüngsten Enthüllungen belegen die Weigerung der Reichsten, durch das Zahlen von Steuern gemäß ihres Vermögens zur nationalen Solidarität beizutragen. … Die weltweit veruntreuten Milliarden stehen nicht nur im Mittelpunkt eines Klassenkampfs, den die Reichsten zu ihrem eigenen Vorteil führen, sondern auch im Zentrum eines Kampfs zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, von dem ebenfalls die Reichen profitieren. ... Wie gewohnt wird dabei der Eindruck vermittelt, dass es mit der Steuerhinterziehung nun endgültig vorbei sei.“
Generalverdacht gegen Betuchte deplatziert
Schwarze Schafe gibt es in allen Einkommensklassen, meint hingegen die konservative Tageszeitung Die Welt:
„Die Steuerehrlichkeit dürfte bei den Wohlhabenden ähnlich ausgeprägt sein wie bei den weniger gut Betuchten, die zwar kaum in ausländische Steueroasen flüchten, aber womöglich mancher Schwarzarbeit nicht abgeneigt sind oder mit der Kilometerpauschale und falschen Belegen tricksen. Schwarze Schafe gibt es in allen Einkommenssphären, doch die Mehrheit dürfte lieber korrekt zahlen, als in ständiger Angst vor den Steuerfahndern zu leben. Wer den Fiskus betrügt, muss bestraft werden. Doch in vielen Fällen dient die Gründung einer Offshorefirma schlicht der Wahrung der Privatsphäre, wenn etwa Yachten, Aktienpakete oder große Immobilien über diesen Weg anonym gekauft und verwaltet werden. Gerade in Deutschland dürfte der Neid auf 'die Reichen' derartiger Geheimniskrämerei Vorschub leisten.“
Enthüllungen sind Gradmesser für die Demokratie
An der Reaktion auf die Enthüllungen der Panama Papers in den verschiedenen Ländern erkennt man, wie weit die Demokratie dort entwickelt ist, urteilt die konservative Tageszeitung Habertürk:
„In Island forderte die Opposition sofort den Rücktritt des in die Affäre verwickelten Premiers; der Ex-Premier forderte gar einen Rücktritt bevor die Gesellschaft einen Aufstand probt. Denn abgesehen von dem Geld, habe sein Nachfolger den Vertrag mit seinem Volk verletzt und diese Dinge vor ihnen geheim gehalten. Demokratie ist vielleicht genau das: ein System, das schmutzige Geschäfte nicht verhindern, aber verurteilen und bestrafen kann! ... In Russland dagegen hat es bis auf ein, zwei Ausnahmen keine Zeitung oder keinen Fernsehsender gegeben, die die Nachricht [über die Verwicklung von engen Vertrauten Putins in die Panama-Geschäfte] veröffentlichen konnten. Da Russland nicht wie Island ist, würde Putin dies vermutlich als Putschversuch darstellen und die Schuld dem Ausland aufladen.“