Alten Menschen den Todeswunsch erfüllen?
Die niederländische Regierung will aktive Sterbehilfe auch für alte Menschen ermöglichen, die nicht schwer krank sind. Einsamkeit oder der Verlust der Unabhängigkeit könnten alte Menschen ebenso quälen und seien deshalb ein legitimer Grund für Sterbehilfe, heißt es in einem Schreiben der Ministerien für Gesundheit und Justiz. Kommentatoren stellen sich die Frage, wie weit die Selbstbestimmung gehen darf.
Dahinter steckt eine erschreckende Ideologie
Wer aktive Sterbehilfe für Nicht-Kranke erlaubt, baut damit unweigerlich Druck auf ältere Menschen auf, die sich nicht mehr nützlich fühlen, warnt Le Quotidien:
„Individuell würden diese Menschen vielleicht eine solche Möglichkeit zur Verkürzung ihrer Lebensdauer begrüßen. Aber gesamtgesellschaftlich betrachtet muss man in diesem Vorhaben eine beunruhigende Ideologie sehen. Sie gibt - ob man will oder nicht - zu verstehen, dass einsame betagte Menschen, die nicht mehr produktiv sind und keine sie unterstützende Familie haben, für die Gesellschaft letztlich unnütz sind. Und dass es durchweg logisch wäre, sich ihrer auf die eine oder andere Weise zu entledigen. Wie kann man nur überzeugt davon sein, dass nicht eine Art sozialer Druck auf andere ältere Menschen entsteht, der sie fühlen lässt, dass sie 'überflüssig' sind?“
Staat muss barmherzig sein
Der Staat sollte alten Menschen einen Ausweg bieten, wenn sie nicht mehr leben wollen, schreibt De Volkskrant:
„Eine wachsende Gruppe von Alten hat das Bedürfnis, selbst festzustellen, dass ihr Leben vollendet ist - gut überlegt und ohne Druck von außen. Die Gegner weisen auf Mängel bei Pflege und Nächstenliebe hin. Ja, natürlich ist es vorzuziehen, dass Alte sich nicht einsam fühlen. Aber es gab auch schon Beispiele von alten Menschen, die wirklich genügend liebende Freunde und Angehörige um sich hatten und die dennoch nicht weiter leben wollten. Das führte oft zu schmerzhaften Selbstmorden. Zurecht stellen die Minister fest, dass auch Menschen in dieser Situation ein Recht haben auf einen Staat, der nicht verfolgt, sondern hilft. Der Plan wirft noch sehr viele Fragen auf. ... Aber mit Barmherzigkeit als Ausgangspunkt macht das Kabinett einen Schritt in die richtige Richtung.“
Eine gefährliche Entscheidung
Das Vorhaben der niederländischen Regierung kann mit einer Mehrheit im Parlament rechnen. Trouw warnt vor voreiligen Schritten:
„Experten stellten bereits fest: Die Gruppe der Alten, die nicht mehr leben wollen, ist sehr klein. Daher gibt es keinen Grund für eine einschneidende Veränderung des Gesetzes, die auch noch große Risiken mit sich bringt: den Druck auf Alte und Ärzte. ... Es ist auch die Frage, ob Alte wirklich ganz allein entscheiden, dass ihr Leben vollendet ist oder ob sich Familie oder andere Betroffene dabei einmischen. ... Autonomie als höchstes Ideal darzustellen, ist bereits zweifelhaft. Aber dem Staat bei einem autonomen Lebensende eine Rolle zu geben, ist nicht nur ein Widerspruch zur Autonomie, sondern auch gefährlich. ... In dieser Frage tappt unsere Gesellschaft noch im Dunkeln und daher ist Zurückhaltung geboten. “