Steinmeier zum Bundespräsidenten gewählt
Frank-Walter Steinmeier ist am Sonntag zum zwölften Staatsoberhaupt der Bundesrepublik gewählt worden. In seiner Ansprache rief der ehemalige Außenminister seine Landsleute dazu auf, mutig zu sein. Mut machen könnte die Wahl vor allem seiner Partei, der SPD, glauben einige Journalisten. Andere zeigen sich enttäuscht, dass Steinmeier nur wenig aneckt.
Fähiger Diplomat kommt zur rechten Zeit
Die langjährigen außenpolitischen Erfahrungen Steinmeiers werden in der Trump-Zeit für Deutschland und Europa besonders wertvoll sein, ist Denik überzeugt:
„Frank-Walter Steinmeier wird in einer Situation deutscher Bundespräsident, da nicht klar ist, wie sich die Beziehungen Deutschlands und Europas mit einem Amerika unter Führung Donald Trumps entwickeln werden. Da ist es gut, dass Steinmeier in der Außenpolitik zu Hause ist. In einer Zeit, da die USA wegen der Migrationsfrage oder des Handels scharfe Worte an Deutschland richten, und da Deutschland seinerseits Trump für seinen Isolationismus und seinen Protektionismus rügt, ist jeder erfahrene Diplomat willkommen. Das neue transatlantische Verhältnis wird zudem für Europa eine Gelegenheit sein, seine eigenen Interessen zu definieren. Diese europäische Debatte braucht einen respektierten Moderator wie den künftigen Bundespräsidenten.“
Langeweile statt Revoluzzertum
Einen Präsidenten, der mehr aneckt, hätte sich Cicero gewünscht:
„Der Hausherr von Schloss Bellevue hat in unserem Staatsaufbau nicht die Rolle eines Revolutionärs wie Danton oder Robespierre. Aber etwas mehr Profil und Kante darf man sich schon wünschen. Das hatte auch Joachim Gauck, in dessen pastoralem Gestus immer noch ein Rest Revoluzzertum schlummerte, etwas vom Geist der Kirche in der DDR, hinter deren Mauern bekanntlich die Wende begann. Von Frank-Walter Steinmeier werden wir in den kommenden Jahren das hören, was er auch als Außenminister immer predigte: dass man mit allen reden muss. Außer mit Donald Trump natürlich, dem er nicht zum Wahlsieg gratulierte und einen Hassprediger nannte. Frank-Walter Steinmeier ist das Gutgesinnte in Person, deshalb lieben ihn die Menschen auch so, deshalb steht er auf der Politikertreppe auch seit langem ganz weit oben. Aber er ist eben auch eins: sterbenslangweilig.“
Ein Signal für die Bundestagswahl
Steinmeiers Wahl könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Sozialdemokraten in Deutschland jetzt Oberwasser bekommen, schreibt Polityka:
„Als im November die Kandidatur von Steinmeier für das Präsidentenamt verkündet wurde, haben viele Kommentatoren dies als Hinweis darauf interpretiert, dass die Regierung von Sozialdemokraten und Christdemokraten unter Merkel als Kanzlerin weiterbestehen wird. Doch mittlerweile ist dies nur noch eines von mehreren Szenarien. Die SPD, die heute vom ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz angeführt wird, hat gerade einen gewaltigen Sprung in den Umfragen gemacht. Sie hat nun sogar den Ehrgeiz, den Kanzler zu stellen. ... Es ist zwar Tradition, dass sich der Bundespräsident nicht direkt in politische Konflikte einmischt. Dennoch verleiht dieses Amt zwar keine Macht, aber sehr wohl Autorität. Die Wahl Steinmeiers kann somit indirekt auch den Sozialdemokraten helfen.“