Was ist die Botschaft der Oscar-Verleihung?
Nach einem kurzen Moment der Verwirrung stand fest: Nicht La La Land hat den Oscar als bester Film gewonnen, sondern Moonlight. Dass das Drama über einen jungen homosexuellen Schwarzen ausgezeichnet wurde und nicht das Musical mit überwiegend weißer Besetzung ist für viele Kommentatoren eine klare politische Aussage – die durch die anfängliche Verwechslung eine pikante Würze erhält.
Entlarvende Verwechslung
Die Verwechslung bei der Oscar-Verleihung zum besten Film sagt viel über Hollywoods Filmgeschichte aus und könnte Freunde der Performance-Kunst begeistern, freut sich The Independent:
„Das Moonlight/La La Land-Debakel funktioniert wunderbar als Allegorie auf die letzten 50 Jahre Kinogeschichte. Ja, der Preis hätte an den Film gehen sollen, der am schwierigsten zu finanzieren, authentisch zu schreiben und an das kommerzielle Massenbewusstsein zu verkaufen war und der dabei Tausende verschiedene Gatekeeper umschiffen musste. Stattdessen hat ihn das Ding mit den weißen Leuten bekommen, die ein cineastisches Genre bedienen, von dem wir schon vor 50 Jahren entschieden haben, dass wir es mögen. Zumindest fast. Der zweiminütige Ausschnitt des Fauxpas lässt sich gut wie ein glorreiches und lebensbejahendes Stück Performance-Kunst lesen. Es ist wie ein Kurzfilm, den man in ein Wigwam-Zelt gedrängt bei einer Ausstellung zum Turner-Preis zu sehen bekommt.“
Diese Gewinner gefallen Trump gewiss nicht
Als eine Ohrfeige für US-Präsident Donald Trump sieht Journalist Cristian Tudor Popescu die Entscheidung der Jury und schreibt auf dem Blog republica:
„Moonlight ist ein mittelmäßiger aber politisch korrekter Film, ohne originelle Idee, aber mit einem schwarzen Schauspieler, der gerade in Mode ist: Mahershala Ali. Die Entwicklung des Protagonisten gleicht einem Bildungsroman über einen benachteiligten Minderjährigen, der ohne Vater ist und dessen Mutter Drogen zu sich nimmt. Sie ist eine Ansammlung von Klischees. Das 'Verdienst' des Streifens ist der Fakt, dass der Protagonist ein Farbiger und ein Homosexueller ist. … Trump hat mit dem Oscar eine schallende Ohrfeige erhalten. Und sogar noch eine zweite: Der Oscar für den besten ausländischen Film ging an The Salesman des iranischen Regisseur Asghar Farhadi, dessen Land auf der Einreiseverbotsliste von Trump steht und der nicht zur Verleihung kam, um gegen das Dekret des US-Präsidenten zu protestieren.“
Die neue Akademie bekennt Farbe
Dass mit Moonlight ein Werk mit einem afroamerikanischen Protagonisten den Hauptpreis erhielt, ist auch den Protesten und Reformen der vergangenen Jahre zu verdanken, lobt La Vanguardia:
„Die fehlenden Nominierungen afroamerikanischer Schauspieler in den Jahren 2015 und 2016 hatten zu Protesten in der Gesellschaft geführt und schließlich zu einigen Reformen im Innern der Filmakademie. ... Um die Vielfalt zu fördern, wurde die Anzahl der stimmberechtigten Mitglieder in der Akademie großzügig erhöht. Dabei wurden Kriterien der geografischen (Leute aus 59 Ländern), geschlechtlichen (47 Prozent Frauen) und ethnischen Vielfalt (41 Prozent Farbige) bedacht. Eine begrüßenswerte Initiative, um die Vielfalt bei der Oscar-Verleihung zu fördern. Wobei natürlich bei der Auswahl der Preise vor allem die Qualität der filmischen Arbeiten im Vordergrund stehen sollte.“