Online-Spiel "Blue Whale" macht Osteuropa Angst
Ein unheilvolles Social-Media-Phänomen breitet sich derzeit in Russland und von dort aus in andere osteuropäische Ländern aus. Die Teilnehmer des Spiels "Blue Whale" sollen über 50 Tage hinweg gefährliche Aufgaben erfüllen und sich am Ende selbst töten. Russischen Medien zufolge hat das Spiel bereits rund 130 Teenager in den Tod getrieben. Dass auch in Lettland und Estland immer mehr Jugendliche daran teilnehmen, betrachten Kommentatoren mit Sorge.
Um Probleme der Teenager kümmert sich niemand
Eine sensationslüsterne und unsensible Berichterstattung über das Spiel kritisiert das Onlineportal des öffentlich–rechtlichen Rundfunks LSM:
„Statt aufzuklären und vorhandene Informationen zu prüfen, haben die Medien kritiklos alles weitergetragen. Gerüchte über den Charakter und die Verbreitung des Spiels werden wiederholt und als Realität ausgegeben. Doch mit unseren Bemühungen, die tragischen Vorfälle zu erklären, die es wegen des Computerspiels schon gab, lenken wir die Aufmerksamkeit von den eigentlichen Ursachen der Probleme der Kinder und Jugendlichen ab. … Die Medien folgen einer eigenen Logik. Sie fordern kurzfristig Dramatik und Intrigen. Heute entspricht 'Blue Whale' diesen Voraussetzungen. Wenn sie des Themas überdrüssig sind, werden die Medien ein neues Thema suchen. Und die Helden der vorherigen Themen werden mit ihren Problemen alleine bleiben.“
Warum Selbstverletzung zum Spiel wird
Was treibt junge Menschen zu solch gefährlichen Spielen, fragt Õhtuleht:
„Fast zu ersticken, probiert man aus Neugierde, weil man wissen will, was mit dem Körper unter Sauerstoffmangel wirklich passiert. Vor ein fahrendes Auto rennt man, weil man Gruppendruck empfindet und sich einen Wettbewerb liefert: Wer hat die schnellste Reaktion oder die schnellsten Beine? In diesen Fällen könnten Aufklärung und Gespräche mit Eltern, Lehrern, Nachbarn oder der Jugendpolizei helfen. Es gibt aber auch wesentlich traurigere Gründe, warum Selbstverletzung ein Spiel wird. Estnische Jugendliche sind in geschlossenen Internetgruppen gefangen, in denen böswillige Leute sie zu Selbstverletzung oder sogar zum Selbstmord anspornen. ... Was tun? Die Situation ist gravierend, wenn Jugendliche, die mit ihren Problemen allein sind, in der Schule keinen Psychologen haben oder ein halbes Jahr auf eine Behandlung warten müssen.“