Seit 25 Jahren getrickst? Renault im Visier
Ein weiterer europäischer Autobauer sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, die Abgastests bei Dieselfahrzeugen manipuliert zu haben. Die französische Behörde für Wettbewerb, Verbraucher und Betrugsbekämpfung (DGCCRF) wirft Renault vor, seit mehr als 25 Jahren mit entsprechender Software zu tricksen. Die französische Presse reagiert empört und fragt sich auch angesichts der Affäre um Präsidentschaftskandidat Fillon, inwieweit Frankreichs Gesellschaft Unaufrichtigkeit toleriert.
Staat muss Beihilfen zurückfordern
Es kann nicht angehen, dass französische Politiker wie Umweltministerin Ségolène Royal oder Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron den Autobauer decken, empört sich Wirtschaftsexperte Maxime Combes auf seinem Blog bei Mediapart:
„Seit den Durchsuchungen im Firmensitz von Renault im Januar 2016 haben die Minister Emmanuel Macron und Ségolène Royal stets versucht, Renault zu schützen. Dadurch haben sie dazu beigetragen, dass die Bürger hinsichtlich des wirklichen Gegenstands der Trickserei bei Renault getäuscht werden. Das Wirtschaftsministerium und Ségolène Royal müssen dringend aufhören, die betrügerischen Machenschaften von Renault zu verheimlichen und herunterzuspielen: Sie müssen aus den jüngsten Enthüllungen sämtliche Konsequenzen ziehen. Die Regierung könnte beispielsweise verlangen, dass Renault alle staatlichen Beihilfen zurückzahlt, die dafür gedacht waren, den Verkauf von 'weniger verschmutzenden' Fahrzeugen zu fördern.“
Aufrichtigkeit zählt in Frankreich nicht viel
Dass Renault im Vergleich zu VW sehr gelassen auf die Betrugsvorwürfe reagiert hat, zeugt vom Mangel an Rechtschaffenheit in Frankreich, analysiert Libération:
„Was haben François Fillon und Renault gemeinsam? Der Präsidentschaftskandidat und der Autobauer sind beide möglicherweise in Affären verwickelt, für die sich die Ermittlungsrichter interessieren. Weder gegen Fillon noch gegen Renault wurden allerdings bislang Strafen verhängt. Jedoch geht es weniger darum, als um ihre Haltung und den Respekt gegenüber den Bürgern. Denn abgesehen von der Frage nach der strafrechtlichen Verantwortung stellt sich die nach der öffentlichen Vorbildfunktion. … Es ist etwas sehr Französisches, zu glauben, dass man unversehrt davonkommt, dass Affären sich schon irgendwie regeln werden, dass man niemandem - abgesehen von der Justiz - Rechenschaft schuldig ist. Und dass die Moral sich in Vergessenheit auflöst.“