Mammutdebatte im französischen Wahlkampf
In der ersten von drei Fernsehdebatten haben sich die fünf aussichtsreichsten Kandidaten für die Präsidentschaftswahl in Frankreich einen Schlagabtausch geliefert. François Fillon, Emmanuel Macron, Jean-Luc Mélenchon, Marine Le Pen und Benoît Hamon stellten in der dreistündigen Sendung ihre Vorstellungen von Wirtschafts-, Außen- und Sozialpolitik vor. Welchen Eindruck hinterlässt der Auftritt bei der Presse?
Debatte spiegelt Politikdesaster wieder
Wie es dazu kommen konnte, dass in der TV-Debatte so verheerende Vorhaben wie das Grundeinkommen, das 100-Milliarden-Investitionsprogramm von Jean-Luc Mélenchon und der von Marine Le Pen geforderte Austritt aus der Eurozone präsentiert wurden, erklärt L'Opinion:
„Im Verlauf dieser ersten großen Wahlkampfdebatte haben sich drei der fünf wichtigsten Kandidaten um das Präsidentenamt für Lösungen ausgesprochen, die dem Land nur schaden können. ... Doch wer trägt eigentlich die Schuld daran? All diejenigen, die unser Land in den vergangenen 20 Jahren regiert und dabei darauf verzichtet haben, langfristige Reformen durchzuführen. ... Schuld sind all diejenigen, die die Wähler umgarnt und anschließend - als Regierende - enttäuscht haben. Und diejenigen, die Wahlen mit dem Versprechen gewonnen haben, dass Frankreich aufgrund seiner Größe anders sein kann. Frankreich ist tatsächlich anders, allerdings aufgrund seiner kläglichen Leistungen.“
Macrons Trümpfe sind zugleich seine Schwächen
Noch ist der Kampf nicht entschieden, meint Corriere del Ticino und entdeckt bei Macrons unaufhaltsam erscheinenden Aufstieg zwei mögliche Hindernisse:
„Macron verfügt über zwei Trümpfe, die seinen Sieg, aber auch seine Niederlage bedeuten könnten. Der erste Trumpf ist sein jugendliches Alter (er ist noch keine 40) in einem Land wie Frankreich, wo für das Amt des Präsidenten bisher immer Personen höheren Alters der Vorzug gegeben wurde. ... Der zweite Trumpf hingegen ist Macrons politische Positionierung. Als reiner Zentrist bekennt er sich vorbehaltlos zur Mitte. Doch so leicht es ihm während der TV-Debatte fiel, zu kontern, so schwer tat er sich, sein eigenes politisches Projekt zu erläutern. Der Ex-Wirtschaftsminister der Regierung Hollande scheint - laut einiger Beobachter - in seiner eigenen zentristischen Position gefangen zu sein, die weder rechts noch links ist. Er ergreift Partei mal für die eine mal die andere Seite und vermittelt dabei den Eindruck mangelnder Entschlossenheit.“