Spaniens Justiz unter Korruptionsverdacht
Der spanische Kongress hat dem Justizminister, dem Oberstaatsanwalt und dem Leiter der Antikorruptionsbehörde das Vertrauen entzogen. Alle Abgeordneten, außer von der konservativen Partei Partido Popular (PP), stimmten einer Erklärung zu. Darin werfen sie den Beschuldigten vor, die Justiz bei der Verfolgung von Korruptionsfällen zu behindern. Ein parteipolitischer Coup oder die letzte Möglichkeit, das Vertrauen der Bürger in die Politik zu retten?
Wer die Mehrheit hat, ist noch nicht im Recht
Als parteipolitisches Manöver der Opposition verurteilt ABC das Misstrauensvotum des spanischen Kongresses:
„Diese Initiative der Opposition ist ein Akt des Opportunismus. ... Die für den Vertrauensentzug angeführten Argumente sind ein Betrug an der öffentlichen Meinung und verzerren das Verständnis von der Rolle der Staatsanwaltschaft im Strafrecht. Nie war es so offensichtlich wie in diesem Fall: Wer die Mehrheit hat, ist damit noch lange nicht im Recht. ... Bei der gestrigen Kritik hat sich niemand redlich um das gute Funktionieren der Justiz gesorgt. Denn sonst hätten sich viele die Frage stellen müssen, warum bei den Fällen so viele geheime Informationen und verzerrende Vorwürfe an die Öffentlichkeit gelangten, die das Prinzip der Unschuldsvermutung und das Ansehen des Rechtsstaats schwer belasten.“
Unglaubwürdigkeit der Regierung ist gefährlich
Wenn die Konservativen die Korruption nicht endlich restlos aufklären, tragen sie die volle Verantwortung für die daraus entstehende Politikverdrossenheit, warnt El País:
„Der Minister Catalá und seine Mitarbeiter konnten mit ihren Erklärungen nicht überzeugen. Das stellt eine schwerwiegende Verfehlung dar, vor allem zu einem Zeitpunkt, zu dem die Institutionen der repräsentativen Demokratie in Zweifel gezogen werden und sich die Einstellung verbreitet, das ganze System sei verdorben. Wenn die PP nicht vermitteln kann, dass sie sich - wie sie behauptet - radikal im Kampf gegen die Korruption engagiert, trägt sie unmittelbare Schuld an den dramatisch wachsenden Zweifeln gegenüber der staatlichen Gewaltenteilung.“