Empörung über Szydłos Rede in Auschwitz
Auf einer Gedenkfeier im früheren NS-Vernichtungslager Auschwitz hat Polens Premierministerin Beata Szydło gesagt, dass Auschwitz "eine große Lehre" sei, dass "alles getan werden muss, um die Sicherheit und das Leben unserer Bürger zu verteidigen". Kritiker beschuldigen sie, das Gedenken an die Opfer für die Anti-Flüchtlings-Politik ihrer Regierung zu instrumentalisieren. Was schreibt die Presse in Polen und Deutschland zu dem Vorfall?
Ausdruck neuer Gedenkpolitik
Die Frankfurter Rundschau zeigt sich angesichts der Rede empört:
„Polens Regierung glaubt, seine Bevölkerung am besten dadurch zu schützen, dass sie gegen europäisches Recht verstößt und keine Flüchtlinge aufnimmt. Das ist, so die Botschaft der Ministerpräsidentin, die polnische Lehre aus Auschwitz. Muss Polen sich gegen Flüchtlinge wehren, wie es sich gegen die Deutschen gewehrt hat? Sind heute die Polen, was damals die Juden waren? Szydłos Satz fügt sich passgenau in die neue polnische Gedenkpolitik. Deren Ziel ist es, die Judenvernichtung als rein deutsche Tat darzustellen. Polen haben mit dem Völkermord nichts zu tun. Es gibt also auch keine Aufklärung über polnische Kollaboration mit den Deutschen. Die passt nicht in die nationalistische Selbstbeweihräucherung der eigenen Geschichte, wie sie derzeit in Polen gepflegt wird.“
Polen wehrt sich gegen Gehirnwäsche
Das regierungsnahe Nachrichtenportal Wpolityce.pl deutet die durch Szydłos Äußerungen ausgelöste Empörungswelle auf andere Weise:
„Die Worte der polnischen Regierungschefin sind für viele ein Beweis dafür, dass [der Ex-Premier Polens und jetzige EU-Ratspräsident] Tusk in Warschau nicht das gemacht hat, was er versprochen hat und wofür er bezahlt wurde. Er sollte nämlich aus den Hirnen der Polen rosa Ballons machen, die ihrer Identität und ihrem Gedächtnis beraubt sind, infantil und unfähig zu politischem Denken. ... Zu diesem Zweck gibt es auch seit Jahren deutsche Stipendien [z. B. für polnische Studierende]. Auch die Geschichte des Zweiten Weltkriegs sollte infantilisiert und gefälscht werden. Ginge es nach der deutschen Geschichtspolitik, so soll die Erfahrung des Kriegs ein gesamteuropäisches Trauma sein, eine Katastrophe, die über Europa hereingebrochen ist, unklar von woher, aber mit Sicherheit ausgelöst von allen.“