Mazedonien: Namensstreit könnte beigelegt werden
Im jahrelangen Namensstreit zwischen Mazedonien und Griechenland deutet sich eine Lösung an. Mazedoniens neuer Premier Zoran Zaev signalisierte vergangene Woche in Brüssel, sein Land könne sich als „Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien“ um eine Mitgliedschaft in Nato und EU bemühen. Wie bewerten Kommentatoren in den beiden Ländern den Vorstoß?
Unser Land kriecht zu Kreuze
Das mazedonische Nachrichtenportal Kurir fürchtet durch das Nachgeben der Regierung in Skopje einen beschämenden Souveränitätsverlust:
„26 Jahre nach unserer Unabhängigkeit werden die Griechen unsere Taufpaten sein und uns eine Taufe für die Ewigkeit verpassen. Sie werden uns vorschreiben, wie wir unseren eigenen Staat nennen sollen. ... Wonach sieht das aus, liebe Mazedonier, wenn nicht nach einer rückgratlosen Kapitulation des Staates und einem Grund, sich als Nation für immer und ewig zu schämen? Das Beschämendste und Perverseste an der ganzen Sache ist jedoch, dass wir unseren neuen Namen selbst [in einem Referendum] akzeptieren sollen, damit sie später sagen können, dass wir ihn selbst gewählt und in einem Referendum bestätigt haben.“
Tsipras hat wenig Spielraum
Vor welch schwieriger Entscheidung Athen steht, erklärt die griechische Tageszeitung Kathimerini:
„Es ist offensichtlich, dass es in unserem Interesse liegt, eine Lösung zu finden, die das Ansehen Griechenlands nicht beschädigt und zugleich den Nachbarstaat schützt. Angesichts der innenpolitischen Gleichgewichte ist der Spielraum für Herrn Tsipras minimal. Die neue Regierung in Skopje versucht zu demonstrieren, dass sich nach der Niederlage von Gruevski etwas geändert hat. Konkrete Maßnahmen und Zugeständnisse werden nötig sein, um die zerschundene Beziehung zwischen beiden Ländern zu verändern. Der Juli wird ein heißer Monat für die griechische Diplomatie sein. Mit Konsens und ohne Zwiespalt werden wir uns diesen Herausforderungen stellen.“
Die Rechtsnationalisten lauern schon
Die Änderung des Staatsnamens könnte heftige gesellschaftliche und politische Turbulenzen in Mazedonien auslösen und die rechtsnationalistische Partei von Ex-Premier Gruevski wieder an die Macht bringen, warnt Duma:
„Die immer noch sehr einflussreiche Oppositionspartei VMRO-DPMNE könnte den Unmut des Volks über die Namensänderung für sich nutzen. Die Leute von Gruevski, die sich als ergebene Patrioten und Verteidiger der 'nationalen Identität' ausgeben und sich mit der falschen Aura eines antiken Mazedoniens umgeben, werden es sich nicht nehmen lassen, die Gunst der Stunde für sich zu nutzen, um zu versuchen, wieder an die Macht zu kommen. Ein mögliches Referendum, in dem sich das Volk gegen die Namensänderung ausspricht, würde den Weg für eine erneute Wahl freimachen, die Gruevski ohne Weiteres gewinnen könnte.“
Warum nicht Südwestbulgarien?
Aus einer geschichtlichen Perspektive wäre der beste Name Südwestbulgarien, meint Historiker Boschidar Dimitrow in 24 Chasa:
„In der Antike hieß das heutige Mazedonien östlich des Flusses Wardar Paionien, benannt nach dem dort lebenden thrakischen Volksstamm der Paionen. In Westmazedonien lebte das antike Volk der Illyrer. Ihr Land soll Illyrien oder Dardanien geheißen haben. Nach der Gründung des bulgarischen Staats im Jahr 681 unter Khan Kuwer bekamen diese Gebiete den Namen Bulgarien. ... Erst im 18. und 19. Jahrhundert brachten die europäischen Humanisten den antiken Namen Mazedonien zurück, wobei man die Grenzen völlig willkürlich zeichnete: Die östliche Grenze wurde am Fluss Nestos gezogen, dessen bulgarisches Ufer stellenweise gerade mal zehn Meter entfernt ist. Glauben Sie wirklich, dass auf der einen Seite Mazedonier leben und auf der anderen Bulgaren? Das ist lächerlich. Wenn wir ehrlich sein wollen, müsste sich Mazedonien in Südwestbulgarien umbenennen.“