Dublin-Regeln gelten auch in der Krise
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden: die Regeln des EU-Asylrechts gelten auch in Phasen, in denen ungewöhnlich viele Flüchtlinge nach Europa kommen. In der Regel bleibt der EU-Staat für ein Asylverfahren zuständig, den der Asylsuchende zuerst betreten hat - so schreibt es die Dublin-III-Verordnung vor. Was bedeutet das Urteil für die Zukunft?
EuGH schafft keine neuen Perspektiven
Enttäuscht über das Urteil zeigt sich die Süddeutsche Zeitung:
„Von den Dakota-Indianern stammt der Spruch: Wenn du ein totes Pferd reitest, steig ab! Das tote Pferd ist die Dublin-Verordnung. ... Das auf den Dublin-Zuständigkeitsregeln aufbauende europäische Asylrecht ist ein System der Unverantwortlichkeit. Die Europarichter haben es versäumt, diesem System ein Ende zu setzen. Sie haben es versäumt, dieses System wenigstens deutlich zu kritisieren und neue, praktikablere und gerechtere Regeln vorzuschlagen. Sie haben es versäumt, Perspektiven für eine neue Flüchtlingspolitik aufzuzeigen. Die Richter hätten den Grundstein für eine solidarische Flüchtlingspolitik in Europa legen können. Sie haben es nicht getan. Sie überlassen die Flüchtlingspolitik und die Flüchtlinge ihrem Schicksal.“
Ein Fall für die Politik
Es ist auch nicht Aufgabe der Richter, für ein funktionierendes EU-Asylsystem zu sorgen, erinnern die Salzburger Nachrichten:
„Die EuGH-Richter werden das europäische Asylsystem nicht richten können und die Migrationskrise nicht lösen. Sie sollen es auch nicht. Denn darüber müssen die Gesetzgeber entscheiden. Die EU-Kommission hat vor einem Jahr eine Reform des Dublin-Systems vorgeschlagen - inklusive automatischem Verteilmechanismus im Krisenfall. Genau das wollen aber die Regierungen in Warschau, Budapest oder Prag nicht akzeptieren. Ohne eine politische Klärung, wie weit Einwanderung und Asyl europäisch werden oder national bleiben, wird der Wanderzirkus weitergehen. Auch das nächste Ja oder Nein aus Luxemburg wird daran nichts ändern.“