EU-Budget: Brüssel und London im Clinch
London ist in den Brexit-Verhandlungen offenbar von früheren Zusagen abgerückt, über den EU-Austritt hinaus Geld in den Haushalt der Union einzuzahlen. Die EU hat das Loch, das der Brexit bis 2020 in ihr Budget reißt, auf 60 bis 100 Milliarden Euro beziffert. Wie kann der Konflikt begraben werden?
Jetzt helfen nur noch Schiedsrichter
Der Streit um weitere britische Zahlungen ins EU-Budget sollte unter Einbeziehung einer unabhängigen Instanz gelöst werden, schlägt Irish Examiner vor:
„Ein Schiedsverfahren hat bedeutende Vorteile. Es bedeutet die Anerkennung, dass die Frage, wie viel Großbritannien der EU schuldet, äußerst komplex ist. Es bezeugt, dass die Streitparteien zunächst weit voneinander entfernt sind und auf beiden Seiten viel Prestige auf dem Spiel steht. Vor allem Großbritannien erhält dadurch die Möglichkeit, einen Rückzieher zu machen. Es würde nicht so wirken, als kapituliere das Land nach intensivem Mobbing durch die EU. Die resultierenden Auflagen und deren Umsetzung würden als Ergebnis eines legitimen Prozesses angesehen, den beide Seiten in Gang gesetzt hatten. Der Internationale Gerichtshof der Uno oder der Ständige Schiedshof in Den Haag wären geeignete Instanzen.“
EU darf nicht einknicken
Großbritannien muss seine Verbindlichkeiten gegenüber der EU erfüllen, sonst droht das Ende der Union, meint Večernji list:
„Würde die EU den Briten den Austritt erlauben, ohne dass diese ihre finanziellen Verbindlichkeiten begleichen, und gleichzeitig mit ihnen ein Handelsabkommen nach britischem Geschmack abschließen, das ihnen alle Vorteile der Mitgliedschaft sichert und die Nachteile nimmt, würde man einen Präzedenzfall schaffen. Dieser wäre auch für andere EU-Mitglieder attraktiv. Das wäre das Ende der EU. Logischerweise kann die EU dies nicht erlauben. Die britischen Unterhändler sollten das verstehen.“
Nicht meckern, sondern zahlen
Die Brexit-Rechnung ist der Preis, den Großbritannien für gute Wirtschaftsbeziehungen mit der EU zu zahlen bereit sein muss, meint The Daily Telegraph:
„Andernfalls ist es äußerst fraglich, ob ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU abgeschlossen werden kann, bevor im März 2019 die Zeit des Artikel-50-Austrittsprozesses abgelaufen sein wird. ... Das von den Austrittsbefürwortern vorhergesagte wirtschaftliche Aufblühen Großbritanniens außerhalb der EU kann nur stattfinden, wenn dieses Freihandelsabkommen tatsächlich kommt. Wenn der Preis dafür ist, dass wir die ersten drei Jahre nach dem Brexit weiter so viel an die EU zahlen wie bisher, dann sollten die britischen EU-Kritiker nicht länger darüber meckern, sondern ihre Kollegen in der Regierung auffordern, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen.“
Großbritannien in Geiselhaft der Hardliner
Die Süddeutsche Zeitung sieht Großbritannien in der Hand von Ideologen:
„Die Hardliner unter den britischen Brexit-Befürwortern wachen mit Argwohn über die Austrittsverhandlungen der Regierung, weil sie fürchten, dass doch noch Vernunft ins Spiel kommt. Vernunft hieße: Kompromisse eingehen, die Geld kosten. Übergangsregelungen finden, die Zeit kosten. ... Für den rechten Flügel der Konservativen ist jedoch nur der härtest mögliche Brexit akzeptabel, obwohl über die Details des Austritts nichts auf dem Wahlzettel stand. In Anbetracht der knappen Mehrheitsverhältnisse im Parlament sind die Ideologen überproportional einflussreich. Diese Macht nutzen sie nicht, wie sie behaupten, um im Sinne des Volkes zu handeln, sondern dazu, das Land in Geiselhaft zu nehmen.“