Österreichs Sozialdemokraten in Bedrängnis
Vor der Wahl in Österreich am 15. Oktober ist die sozialdemokratische SPÖ schweren Vorwürfen ausgesetzt. Aus ihrem Umfeld sollen zwei falsche Facebook-Fan-Seiten zu Herausforderer Sebastian Kurz gesteuert worden sein, die rechtspopulistisches Gedankengut enthielten. Die Seiten, die vermutlich auf einen ehemaligen SPÖ-Berater zurückgehen, sollten offenbar moderate Kurz-Anhänger abschrecken. Journalisten sehen die SPÖ vor einem Scherbenhaufen.
Bald hat die EU in Wien ein neues Problem
Mit der Schmutzkampagne gegen Kurz hat sich die SPÖ aller Chancen auf einen Wahlsieg beraubt und einer Regierungskoalition zwischen der ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ den Weg geebnet, glaubt Népszava:
„Christian Kern und die Sozialdemokraten haben sich selbst diskreditiert, weshalb sie nunmehr keine Chancen mehr haben, die Wahl zu gewinnen. Die rechtspopulistischen Freiheitlichen können sich derweil ins Fäustchen lachen, werden sie doch als 'Königsmacher' mit Sicherheit in der nächsten Regierungskoalition sitzen. Neben der Stimmungsmache gegen Einwanderer ist die FPÖ auch EU-feindlich eingestellt, was sie in etlichen Anti-EU-Kampagnen untermauert hat. ... Zumindest können sich Orbán und seine Regierung freudig die Hände reiben.“
Wahlkampf am Tiefpunkt angelangt
Die SPÖ hat sich mit dieser Kampagne immensen Schaden zugefügt, analysiert der Standard:
„Christian Kern, Bundeskanzler und SPÖ-Spitzenkandidat, ist schwer angeschlagen. Sollte die SPÖ noch eine Idee gehabt haben, wie der Wahlkampf zu drehen und der Vorsprung, den ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat, wettzumachen wäre – das ist aus und vorbei. Die SPÖ muss sich darauf einstellen, eine Niederlage zu verwalten, die ein historisches Ausmaß erreichen könnte … Zuzuschreiben hat sich die SPÖ das selbst. Wer auch immer in der Giftküche der Partei die Ingredienzen zu diesem Wahlkampf zusammengemixt hat, das befeuert, dabei zugeschaut, das toleriert oder übersehen hat, hat dazu beigetragen, den eigenen Spitzenkandidaten zu demontieren und der Partei so schweren Schaden zuzufügen, dass sie lange brauchen wird, sich davon zu erholen.“
Vertrauen in die Politik erschüttert
Darüber, dass niemand in der SPÖ-Spitze etwas von der Kampagne gewusst haben will, kann die Süddeutsche Zeitung nur lachen:
„Das kann nur heißen, dass die Partei des Kanzlers Christian Kern von dunklen Mächten getrieben wird, und auch ein solcher Kontrollverlust wäre beunruhigend. Tatsächlich jedoch dürfte es eher so sein, dass niemand so genau wissen wollte, was dieser Berater anstellt. Doch wer einen Experten für Negativ-Kampagnen anheuert, der kann sich nachher nicht mehr glaubwürdig von seinen Aktionen distanzieren. Das alles hat einen Preis, der weit über die 500 000 Euro hinausgeht, die diese Schmutzkampagne gekostet haben soll. Die SPÖ wird dafür am Wahltag zahlen, aber erschüttert ist das Vertrauen in die gesamte Politik.“