Wird sich nach Las Vegas etwas ändern?
Nach dem Massenmord in Las Vegas ist US-Präsident Donald Trump am Mittwoch in die Stadt gereist, um der Opfer zu gedenken, Überlebende zu treffen und den Einsatzkräften zu danken. Über das Problem der Waffengewalt in den USA wollte er allerdings nicht sprechen. Kommentatoren haben entsprechend wenig Hoffnung, dass die Bluttat mit Blick auf das US-Waffenrecht ein Umdenken bewirkt.
Trump spielt das Spiel der Waffenlobby
Die Reaktion des US-Präsidenten auf das Attentat in Las Vegas könnte einem PR-Ratgeber der Waffenlobby NRA entstammen, klagt Financial Times:
„Indem er das Land im 'Gedenken und Beten' anführt, hat Trump es geschafft, ein drängendes nationales Problem in einen Appell zur stillen Besinnung umzudeuten. Das ist die erste Regel der Waffenlobby: Bestehe darauf, dass eine Tragödie nicht der Zeitpunkt für Politik ist. Bei der zweiten Regel geht es darum, auf das Böse im Menschen als feste Größe hinzuweisen. Das erklärt Trumps seltsame Verweise auf die Bibel. Es sind nicht Waffen, die Menschen töten. Es sind böse Menschen, die andere töten. Regeln Nummer drei lautet, dass die guten Menschen sich deshalb bewaffnen sollten. Ob Piloten, Lehrer oder Konzertbesucher - unschuldige Amerikaner müssen sich vor dem Bösen schützen können.“
Waffen als amerikanisches Freiheitssymbol
Auch Právo glaubt, dass die Bluttat für das Waffenrecht in den USA keinerlei Konsequenzen haben wird:
„Ohne den freien Zugang zu Waffen fühlen sich die Amerikaner in ihrer Freiheit beschränkt. Die Verfassung verteidigt dieses Recht gegen alles und jeden, auch gegen Eingriffe des Kongresses oder des Präsidenten. Die Statistiken zum umfangreichen Missbrauch von Waffen halten niemanden vom Kauf ab. Auch nicht die Tatsache, dass jährlich mehr Amerikaner von ihren Mitbürgern erschossen werden als im ganzen Irakkrieg starben. … Die Gesellschaft, an Gewehre im Schrank und Pistolen im Nachtschränkchen gewöhnt, lässt sich durch Attacken wie in Las Vegas nicht erschüttern. Die Amerikaner sehen sie als Taten Einzelner an, nicht als Fehler im System.“
Las Vegas tut den Menschen nicht gut
Welche äußeren Bedingungen den Anschlag begünstigt haben können, versucht Habertürk zu skizzieren:
„Las Vegas ist heute die Stadt mit der höchsten Selbstmordrate in den USA. Auch wenn die Verluste beim Glücksspiel ein Teilaspekt dieser Statistik sind, lässt sich die dreimal höhere Suizidrate allein damit nicht erklären. Die Region scheint sich schlecht auf den Seelenzustand des Menschen auszuwirken. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass wir es hier mit einem Milieu zu tun haben, in dem Waffenbesitz mit Freiheit gleichgesetzt wird, können am Ende eben solche Katastrophen geschehen.“
Gewalt und Gegengewalt
Dass es in den USA im Vergleich wesentlich mehr Bluttaten gibt als in anderen westlichen Ländern, findet The Irish Times nicht verwunderlich:
„Historisch betrachtet haben die USA auf Gewalt immer auf die gleiche Weise reagiert: Indem sie mehr Gewalt gebilligt haben. Die Todesstrafe ist Amerikas Antwort auf Gewaltverbrechen. Und die amerikanische Art, mit dem Terror vom 11. September 2001 fertig zu werden, war es, Folter zu legitimieren. Angesichts der weit verbreiteten Kultur der Gewalt ist nach dem letzten Vorfall sinnlos mörderischer Gewalt nur eines überraschend: Dass wir allesamt überrascht reagieren.“
Sin City kennt keine Trauer
Ein Innehalten gibt es in Las Vegas nicht, beschreibt der USA-Korrespondent von La Repubblica, Federico Rampini:
„In der Stadt wimmelt es von Menschen als wäre nichts geschehen. Mit Rentnern, die sich wie Stephen Paddock auf die Slot-Maschinen stürzen, Besucherströmen aus Amerika und der ganzen Welt. Von wegen Trauertag, keine einzige Show wurde am ersten Abend nach dem Blutbad abgesagt. … Hierher kommt heute Donald Trump, um den Angehörigen der Opfer sein Beileid zu bekunden, die Verletzten zu trösten, die Ordnungskräfte zu loben. Trump, der sich in Las Vegas mehr zu Hause fühlt als in New York. Auch hier erhebt sich ein gigantischer, goldglänzender Trump Tower. Genau hier gewann er haushoch die Vorwahlen der Republikaner. In einer Stadt, die ihm wie auf den Leib geschnitten ist: ein künstlicher, leerer, unwirklicher Traum von Amerika, eine Fabrik von Illusionen und Mystifikationen.“
Trumps Feindbilder laufen ins Leere
Star wendet sich zynisch an den US-Präsidenten:
„Du verschließt vor den Muslimen die Türen. Du erklärst der islamischen Welt den Krieg. Du vertreibst die Migranten aus dem Land. Du willst eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen. Dann kommt ein 'weißer Amerikaner' und schießt Deinem Las Vegas mitten ins Herz. … Ganz Amerika sieht in Dir wieder einen Feind. Sie machen Dich zur Zielscheibe, indem sie den Blankoscheck, den Du der Waffenlobby beizeiten gabst, und das Dekret, mit dem Du die unter Obama eingeführten Beschränkungen des Waffenkaufs wieder aufhobst, als Gründe [für das aktuelle Massaker] aufzeigen. Sie schießen mit Deinen eigenen Waffen auf Dich. Bete, dass rauskommt, dass Stephen Paddock den Demokraten nahe steht.“