Bringt Sobtschak Schwung in Russlands Wahlkampf?
Mit ihrer Kandidatur hat sie bereits Aufsehen erregt: Xenia Sobtschak tritt bei der russischen Präsidentschaftswahl im Frühjahr gegen Wladimir Putin an. Die 35-jährige frühere TV-Moderatorin will frischen Wind in die Politik bringen. Das ist ihr bereits bei ihrer Ankündigung gelungen, loben einige Kommentatoren.
Sobtschak mutiger als Nawalny
Sobtschak sagte in ihrer Kandidatur-Ankündigung, nach internationalem Recht gehöre die Krim zur Ukraine. Damit traut sie sich mehr als Putin-Opponent Nawalny, beobachtet der Blogger Ivo Indjew:
„Sobtschak argumentiert mit der unleugbaren Tatsache, dass Russland das Budapester Abkommen von 1994 gebrochen hat - das einzig unumstrittene Argument neben der Debatte um die 'historische Zugehörigkeit' der Krim zu Russland oder des geäußerten Wunsches der Krim-Bevölkerung zur Russischen Föderation gehören zu wollen. ... Indem sie mit der Krim-Frage in die Offensive geht, bringt die 35-jährige Journalistin frischen Wind in die ansonsten eintönige politische Situation in Russland. Selbst Alexej Nawalny, der als schärfster Kritiker und Opponent Putins gilt, geht nicht so weit in seiner Kritik an der Annexion, im Gegenteil: Er zeigt stillschweigend, dass er die 'Krim gehört zu Russland'-These akzeptiert hat.“
Putin-Nachfolge wird Machtkampf auslösen
Die Allmacht des derzeitigen Präsidenten wird die Nachfolgefrage zu einer Zerreißprobe für Russland machen, warnt The Economist:
„Putin kann seine Nachfolge nicht familiär oder durch den kommunistischen Parteiapparat regeln. Vielleicht wird er einen Nachfolger ernennen. Doch dieser müsste einerseits schwach genug sein, damit Putin ihn weiter kontrollieren kann. Andererseits müsste er stark genug sein, um Rivalen abwehren zu können. Das ist eine so gut wie unmögliche Kombination. ... Weil die Mechanismen einer echten Demokratie fehlen, um einen Neuen zu legitimieren, wird der nächste politische Führer vermutlich aus einem Machtkampf hervorgehen, der zu einer Zerreißprobe für Russland werden könnte. In einem Staat mit einem Atomwaffenarsenal ist das alarmierend. Je stärker Putin heute ist, desto schwieriger wird es für ihn sein, seine Nachfolge zu regeln.“
Glamour-Girl löst Veteranen ab
Die Kandidatur von Sobtschak entspricht dem Bedürfnis der Wähler nach frischem Wind, glaubt Delfi:
„Egal, ob Sobtschak die Entscheidung selbstständig oder mit Unterstützung der Putin-Administration getroffen hat, für den Kreml ist sie jedenfalls taktisch vorteilhaft. … Denn der Kreml braucht einen echten Demokraten, der dem In- und Ausland zeigen wird, wie unpopulär in Russland Liberalismus und Demokratie sind. Das Glamour-Girl und Reality-TV-Show-Sternchen wird die Wahlkampagne farbig und lebendig machen. Denn die Russen sind längst müde von Putins ewigen Gegnern - dem Kommunisten Gennadi Sjuganow und dem selbsternannten Liberaldemokraten Wladimir Schirinowski. Das Potential der Veteranen nimmt stetig ab.“
Echte Opposition muss Stimmenraub fürchten
Für Putins wahre Gegner ist Sobtschaks Kandidatur eine schlechte Nachricht, bedauert LRT:
„Man kann nur mutmaßen, was für eine Rolle sie in dieser Wahl-Inszenierung spielen wird. Sie stellt keine Gefahr für Putin dar, aber ihre Popularität kann die Wahlbeteiligung erhöhen. Für Wahlfälschungen ist das wichtig, weil so das Ausmaß der Fälschung etwas vertuscht wird. Ihre Arbeit bei Dozhd-TV und ihre Kritik an den regierenden Eliten können manch Wähler denken lassen, dass sie eine Kandidatin der Opposition sei. Das kann dazu führen, dass sie den wahren Oppositionellen Stimmen raubt. Für die Opposition ist es nichts Neues und ganz real, gegen Putin zu verlieren. Doch weniger Stimmen als Sobtschak zu bekommen, die Russlands Paris Hilton genannt wird, wäre ein harter Schlag für ihre Reputation.“