Dürfen Paris und Berlin Ankara Waffen liefern?
Macron und Erdoğan haben am Freitag in Paris einen Vertrag zur gemeinsamen Entwicklung von Luftabwehrsystemen unterzeichnet. Einen Tag später stellte der deutsche Bundesaußenminister Gabriel seinem türkischen Amtskollegen Çavuşoğlu die Wiederaufnahme deutscher Rüstungslieferungen in Aussicht. Journalisten sind empört.
Türkei-Kritik nur Lippenbekenntnis
Dass Frankreich mit der Türkei Waffengeschäfte abschließt, unterminiert jegliche Kritik am Demokratiedefizit des Landes, empört sich Hürriyet Daily News:
„Es überrascht nicht, dass Macron seine Sorge um die türkische Demokratie überwand und den Verkauf von Verteidigungstechnik und Ausrüstung zur Priorität machte. ... Zurecht gehen Präsident Erdoğan und diverse nicht-westliche Staatsführer davon aus, dass sie gleichzeitig die sogenannten universellen Rechte und Freiheiten außer Kraft setzen und weiter mit jenen Westmächten zusammenarbeiten können, die behaupten, Vertreter dieser Prinzipien zu sein. Denn es stimmt: Waffen und Geld kommen zuerst. Lippenbekenntnisse über politische Prinzipien legt man nur ab, um den Schein zu wahren.“
Keine schmutzigen Deals, bitte!
Die Frankfurter Rundschau fände es empörend, sollte die Wiederaufnahme deutscher Rüstungslieferungen an eine Freilassung des inhaftierten deutschen Journalisten Deniz Yücel geknüpft sein:
„Klar ist: Yücel muss ebenso freigelassen werden wie alle Gefangenen in der Türkei, die nur einsitzen, weil sie entweder wie Yücel ihre Arbeit gemacht haben oder politische Gegner des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan sind. Das sind keine Verbrechen. Und gerade deswegen darf die Freilassung der Inhaftierten auch nicht verhandelbar sein. Es wäre ein schmutziger Deal, wenn Erdoğan mit der Lieferung von Rüstungsgütern für Wohlverhalten belohnt würde - Erdoğan würde das sicher ausnutzen.“
Mit Zuckerbrot und Peitsche gegen Autokraten
Trotz des Waffendeals mit Ankara hat Macron Erdoğan für mangelnde Rechtsstaatlichkeit in der Türkei kritisiert und weiteren EU-Beitrittsgesprächen eine Absage erteilt. Der französische Präsident hat seine ganz eigene Methode, mit autokratischen Politikern umzugehen, analysiert Le Monde:
„Sie besteht darin, die Autokraten hohen Rangs mit allen Ehren zu empfangen oder ihnen mit großem Pomp einen Besuch abzustatten, dann aber die gemeinsame Pressekonferenz zu nutzen, um ihnen erhobenen Hauptes ein paar Wahrheiten an den Kopf zu knallen. ... Die Frage ist natürlich, was er sich davon erwartet. Erhobenen Hauptes aus diesen Treffen zu kommen, ist die eine Sache, den beabsichtigen Nutzen daraus zu ziehen eine ganz andere. Die Zukunft wird zeigen, ob etwa sein Empfang von Putin und Erdoğan zu Fortschritten beim Thema Syrien führt.“