Trumps neue Nuklearstrategie
Die USA wollen ihr militärisches Arsenal um neue Atomwaffen geringer Sprengkraft erweitern, wie aus einem am Freitag veröffentlichten Strategiepapier des Pentagons hervorgeht. Die Gefahren einer Eskalation im Nordkorea-Konflikt wachsen dadurch, fürchten manche Kommentatoren. Andere sehen die Strategie als logische Reaktion auf die russische Außenpolitik und glauben, dass ein Atomkrieg so tendenziell unwahrscheinlicher wird.
USA mixen einen explosiven Cocktail
Trumps neue Nuklearstrategie ist äußerst gefährlich, warnt Le Temps:
„Die Kehrtwende der Trump-Administration erfolgt zu einem kritischen Zeitpunkt. Die Nuklearmächte sind dabei, sich von ihrer im Atomwaffensperrvertrag festgeschriebenen Abrüstungsverpflichtung abzuwenden. … Es wäre ein Fehler anzunehmen, dass solch ein atomares Wettrüsten der nuklearen Abschreckung dient. Der Kontext der bipolaren strategischen Stabilität des Kalten Kriegs ist von einer tiefgreifenden und multipolaren Instabilität abgelöst worden. Wenn die Rüstungskontrollverträge an Bedeutung verlieren oder gar aufgekündigt werden, wie von US-Präsident Trump gewünscht, und die Wahrscheinlichkeit wächst, dass die Zahl der Atommächte steigt, erhalten wir einen explosiven Cocktail.“
Neue Waffen machen Atomkrieg unwahrscheinlicher
Als durchaus vernünftig bewertet hingegen The Economist den Plan, mit neuen Mini-Atomwaffen den Frieden zu sichern:
„Damit nukleare Abschreckung funktioniert, muss die Option eines nuklearen Gegenschlags glaubhaft sein. Paradoxerweise macht die Einführung von vermeintlich benutzbareren Atomwaffen einen Atomkrieg eher unwahrscheinlicher als wahrscheinlicher. ... Es wäre falsch, die im Dokument zur neuen Nukleardoktrin sachlich vorgebrachten Argumente, mit Donald Trumps Getöse über eine immer stärkere atomare Schlagkraft und die Größe seines roten Knopfes zu verwechseln. Der impulsive Charakter des Oberbefehlshabers und die Gefahren einer Fehleinschätzung des nordkoreanischen Raketenprogramms sind viel besorgniserregender als der Versuch, die Lücke in Amerikas nuklearem Waffenarsenal zu schließen.“
Trump passt sich russischer Strategie an
Die neue US-Doktrin sollte Moskau nicht weiter überraschen, erkennt Dennik N:
„Diese neue Doktrin wiederholt in vielen Punkten nur das, was fester Bestandteil der offiziellen russischen Militärdoktrin ist und der Entwicklungsstrategie der dortigen Streitkräfte. Diese Doktrin benennt seit vielen Jahren den Westen, die USA und die Nato als Hauptfeinde. ... Die USA und ihre europäischen Verbündeten betrachteten nach dem 11. September den Terrorismus als ihren Hauptfeind und passten ihre Militärstrategie entsprechend an. Russland nicht. Nach wie vor bereitet es sich auf eine militärische Konfrontation mit dem Westen vor, den es als schwach, hilflos und leicht erpressbar ansieht. Die neue US-Doktrin reagiert darauf und versucht Moskau vom Gegenteil zu überzeugen.“