Morawiecki spricht von "jüdischen Tätern"

Eine Bemerkung am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz hat zu einem diplomatischen Eklat geführt. Auf die Aussage des polnischen Premiers Morawiecki, es habe in der NS-Zeit neben deutschen auch "polnische, russische, ukrainische und jüdische Täter" gegeben, reagierte Israels Premier Netanjahu mit Empörung und erklärte Redebedarf. Zu Recht?

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Corriere della Sera (IT) /

Gefährliche Polarisierung

Falscher Nationalstolz hat in den diplomatischen Beziehungen Polens ein teils frostiges Klima geschaffen, klagt Corriere della Sera:

„Es fallen Worte wie eiserne Klingen in diesem harschen Winter voller Streit über eine Vergangenheit, die spaltet. Erst die Verabschiedung des Holocaust-Gesetzes. ... Dann die Äußerung des polnischen Premiers Mateusz Morawiecki auf der Münchner Sicherheitskonferenz, es gebe eine 'Verantwortung der Juden' im Holocaust, mit der er sogleich eine Reaktion des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu provozierte. … Es ist eine gefährliche Polarisierung, in der jeder eine andere Sprache spricht und die historische Wahrheit vor der Politik und einem missverstandenen Nationalstolz zurücksteht.“

Gazeta Wyborcza (PL) /

Was für ein Ignorant!

Gazeta Wyborcza zeigt sich entsetzt über die Worte Morawieckis:

„Wie arrogant und ignorant muss man sein und was für ein politischer Stümper, um zu sagen, was der Premier in München sagte? ... Wer sollen diese 'jüdischen Täter' sein? Meinte er Mitglieder des Sonderkommandos Auschwitz, also Juden, die ausgewählt wurden, um im Krematorium zu arbeiten? ... Schwer zu erraten, wen Morawiecki meinte. Dabei sollte man gerade bei einer so heiklen Angelegenheit schon ganz genau sein. ... Mehr aus Überzeugung als aus Versehen hat der polnische Premier das Verhalten einer Handvoll Juden mit den Verbrechen der Deutschen gleichgesetzt, und dem Verhalten einer gar nicht so kleinen Anzahl von Polen, Ukrainern und Russen. Er ignorierte jegliche Details, die beweisen, dass eine solche Gleichsetzung keine Berechtigung hat, sondern vielmehr dem Ansehen dessen schadet, der sie vornimmt.“

wPolityce.pl (PL) /

Juden wollen die Wahrheit nicht hören

Das regierungsnahe Nachrichtenportal wPolityce.pl hingegen macht Israel den Gegenvorwurf, die Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg nicht anzuerkennen:

„Netanjahus Reaktion auf den Auftritt Morawieckis bei der Pressekonferenz in München ist das Ergebnis einer jahrelangen unterwürfigen Politik gegenüber Israel. ... Die Juden fühlen sich überlegen und glauben, es gebe nur ihre Version des Zweiten Weltkriegs: Die Polen haben Mitschuld am Holocaust. Fakten spielen hier keine entscheidende Rolle. ... Ganz egal, dass es Polen gab, die für die Rettung von Juden ihr Leben aufs Spiel setzten. Ausschließlich solle man über die Denunzianten - die es tatsächlich gab - reden. Jeder Versuch, an die Wirklichkeit unter der Besatzung zu erinnern, wie unser Premier es tut, trifft auf die aggressive Reaktion jüdischer Kreise.“