Slowenien: Spielball der Großen oder Vermittler?
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat am Mittwoch in Ljubljana seinen slowenischen Amtskollegen Karl Erjavec getroffen. Anlässlich des Besuchs warf er der EU vor, vom Westbalkan die Abkehr von Russland zu fordern. Erjavec plädierte nach dem Treffen für einen verstärkten Dialog von EU und Nato mit Russland. Für Sloweniens Medien verrät der Staatsbesuch einiges über die außenpolitische Rolle des Landes.
Der russische Bär kehrt zurück
Für Večer kommt Lawrows in Ljubljana geäußerte EU-Kritik nicht von ungefähr:
„Mit ihren harten Beitrittsbedingungen schafft die EU auf dem Balkan Perspektivlosigkeit und Apathie, die andere Weltkräften für sich zu nutzen wissen: Russland, die Türkei, die nicht mehr auf eine EU-Mitgliedschaft hofft und über Bosnien-Herzegowina nach Europa will, und China, das ebenfalls ein Sprungbrett nach Europa sucht. Diese Länder spielen langfristig. Wenn einige der Westbalkanländer später doch der EU angehören werden, werden sie diesen (Welt-)Mächten große Vorteile bringen. Der russische Bär hat diese Gegend eigentlich niemals verlassen. Vielleicht zog er sich nur zurück und kommt jetzt wieder. Dabei nimmt er auch den Weg über Slowenien.“
Slowenien wollte schon immer eine Brücke sein
Einer der wenigen Vorteile kleiner Länder ist es, dass sie in der Außenpolitik freier agieren können, erklärt Delo nach dem Besuch Lawrows:
„Slowenien ist nicht der Nabel der Welt und weder Washington noch Moskau schert unsere Meinung zu ihrer Politik. … Es ist klar, in wessen Lager wir wären, sollte es krachen. Das sollte uns aber nicht an einer Zusammenarbeit mit beiden Lagern hindern, solange die Regeln des Fair Play gelten und es zu unserem Nutzen ist. … Slowenien als Gastgeber von nicht gerade beliebten Weltmächten - auch das ist die Funktion eines kleinen Landes. Eine Brücke zu sein. Und auch das war schon immer ein Traum Sloweniens.“