Kein Prophet mit weichen Knien
Kings Gewaltlosigkeit wird oft als Gegenpol zum radikaleren Anführer Malcolm X gesehen. Doch auch King rief zum aktiven Widerstand auf, erinnert der Schriftsteller Frank Albers in De Morgen:
„Er war nicht der Prophet mit weichen Knien, den manche noch immer in ihm sehen. ... Manche Veränderungen, so King damals, seien so dringend notwendig, dass man nicht auf einen überwältigenden nationalen Konsens warten dürfe. Manchmal müsse man einfach handeln, einschreiten, auch wenn es (vorläufig) keine breite gesellschaftliche Basis dafür gebe. Dies ist ein Gedanke, der nicht so häufig mit dem pazifistischen Martin Luther King in Verbindung gebracht wird. Doch diesen Gedanken halte ich in diesen grauen Zeiten von Populismus und Autoritarismus für besonders relevant.“
Der unerfüllte Traum
US-Korrespondent Federico Rampini zählt in La Repubblica die Fragen auf, die sich 50 Jahre nach dem Tod Kings stellen:
„Ist Amerika noch immer in seiner Geschichte gefangen? Wie schwer lastet das Brandmal der Schande noch auf der Entstehung der USA als Nation nach der Sklaverei, dem Sezessionskrieg, dem schwelenden Groll der weißen Südstaatler in Folge ihrer Niederlage, nach der Rassentrennung? Sind die herausragenden Erfolge der Bürgerrechtsbewegung zur Abschaffung der Diskriminierung von der Realität untergraben worden? Und war die Präsidentschaft von Barack Obama ein illusorisches Intermezzo, das durch den wiederauflebenden Rassismus der weißen Wählerschaft hinweggefegt wurde?“