Datenschutz: Erreicht EU-Verordnung ihr Ziel?
In der EU gilt ab Freitag die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie soll den Datenschutz in der EU vereinheitlichen und die Verbraucherrechte stärken - auch und gerade im Hinblick auf US-Konzerne. In der Presse stößt sie auf geteiltes Echo. Einige feiern die EU bereits als Vorreiter des Datenschutzes. Andere glauben, dass sich die Verordnung als Bumerang erweisen könnte.
Wir brauchen Regeln für die veränderte Welt
Endlich wird die Machtbalance zwischen Bürgern und IT-Riesen ein Stück weit verschoben, findet Aftonbladet:
„Die großen digitalen Technikunternehmen gehören zu den reichsten und einflussreichsten auf der Welt, und ihre Tätigkeiten und das Sammeln von Daten hinterlassen äußerst spürbare Spuren in unserem Alltag. Dienstleistungen, die über Apps vermittelt werden, wie Uber, führen zu Lohndumping und verschlechterten Arbeitsbedingungen. Der Skandal um Cambridge Analytica zeigt, wie man über Facebook die Politik beeinflussen kann. Ein immer ausgeklügelter E-Handel löscht die Geschäfte in der Stadt aus. Wir haben es mit Unternehmen zu tun, deren Geschäftsmodelle anscheinend die Voraussetzungen für unser Gesellschaftsleben verändern. Wir brauchen Regeln, um auch damit zurechtzukommen.“
Den USA meilenweit voraus
Mit der Regelung erarbeitet sich die EU einen Riesenvorsprung gegenüber den USA, meint Politiken:
„Mit Strafen von bis zu vier Prozent des Umsatzes wird dem Missbrauch durch Blender und Schwindler auf dem digitalen Handelsplatz ernsthaft ein Riegel vorgeschoben. Wenn jemand am politischen Willen und der Vision der EU für die digitalisierte Welt gezweifelt hat - hier ist die Antwort. Die neuen strengen Regeln geben Europa zum Beispiel im Vergleich zu den USA einen meilenweiten Vorsprung, was den Datenschutz betrifft. Die Kontrolle der Daten kommt jedoch nicht von selbst, und es ist bezeichnend, dass Facebook versucht, die strengen EU-Regeln zu umgehen.“
Gut gemeint, falsch gemacht
Dass die Datenschutzregelung die Falschen trifft, fürchtet der Kurier:
„Wie so oft stand hinter der EU-Regelung eine gute Absicht: Man wollte den Datenmissbrauch durch anonyme internationale Konzerne verhindern. Doch im schlimmsten Fall profitieren diese nun auch noch vom Gesetz. Denn Hand aufs Herz: Sie als Konsument wollen ja weiterhin Google und Facebook nutzen, stimmen daher irgendwelchen seitenweisen Aufforderungen blind zu. Aus dem Mailverteiler einer kleinen Firma entfernen Sie sich hingegen (und sei’s nur aus Schlamperei) viel leichter. Was dazu führen könnte, dass Unternehmen noch stärker Google nutzen (müssen), um weiterhin an ihre Kunden heranzukommen. Die großen US-Konzerne haben im Gegensatz zu den heimischen Mittelbetrieben ja eine Armada an Anwälten, um mit solchen Regelungen fertig zu werden. Außerdem legen sie es in diesem konkreten Fall offenbar auf Musterprozesse an.“
Drängende Zukunftsthemen bleiben ungeklärt
Auf die eigentlich wichtigen Fragen hat die Verordnung gar keine Antwort, klagt das Handelsblatt:
„Wie ein Gesetz Unternehmen zur Transparenz [ihrer] Algorithmen zwingen kann, zum Beispiel. ... Denn schon bald werden selbstlernende Computer wichtige Entscheidungen für Millionen Menschen treffen, im Verkehr, beim Einkaufen - und bei der Jobsuche. Heute schon setzen Konzerne Algorithmen ein, um Bewerbungsunterlagen zu sichten. Wie lässt sich sicherstellen, dass sie keinen Bewerber diskriminieren? Welche Instanz kann so etwas überhaupt prüfen? Welche Leitplanken muss der Staat hier setzen? Antworten auf solche Fragen würden das Vertrauen der Menschen in die neuen Technologien stärken. Die DSGVO beschäftigt sich mit dem wichtigen Thema Daten, regelt aber die wichtigen Datenthemen der Zukunft nicht.“