Was bringt die EU-Klage gegen Polen?
Die EU-Kommission hat Polen wegen der umstrittenen Zwangspensionierung von Richtern vor dem EuGH verklagt. Die von Warschau betriebene Reform des Obersten Gerichts untergrabe das Prinzip der Unabhängigkeit der Justiz, so die Kommission. Kommentatoren begrüßen den Schritt der Brüsseler Behörde, fürchten aber, dass er zu spät kommt.
Richtiger Schritt, der zu spät kommt
Mit der Klage nutzt die EU-Kommission endlich ein Mittel, das echten Druck auf Warschau aufbaut, meint der Deutschlandfunk:
„Mit dem Artikel-7-Verfahren gegen Polen hatte Brüssel wenig Erfolg. Denn, um hier Sanktionen gegen Warschau zu erreichen, müssten dies alle anderen EU-Länder unterstützen. Anders bei dem nun angestrengten Verfahren vor dem Gerichtshof: Dessen Entscheidung wäre für Polen bindend. Und sollte die Regierung ein Urteil einfach ignorieren, würden nicht nur empfindliche Strafen folgen. Sie müsste auch dem Vorwurf begegnen, das Land aus der EU zu führen. ... Die EU-Kommission hätte schon viel früher schwerere Geschütze auffahren sollen. Dann hätte sie auch schon auf wesentlichere Teile der Gerichtsreform Einfluss nehmen - oder zumindest mehr Sand ins Getriebe der reformwütigen polnischen Regierung streuen können.“
Erfolg für polnische Patrioten
Der Rechtsprofessor Marcin Matczak bezeichnet in Gazeta Wyborcza die Klage der EU als große Chance für Polen:
„Die polnische Regierung hat eine solch entschiedene Reaktion der EU-Kommission nicht erwartet und damit jetzt ein Problem. Die Verteidiger der polnischen Rechtsstaatlichkeit haben nun die Chance erhalten, das Oberste Gericht vor der vollständigen Übernahme [durch die PiS] zu schützen. Das ist ein riesiger Erfolg eines klugen, pro-europäischen polnischen Patriotismus. Ein Polen, das sich an EU-Recht hält und die europäischen Institutionen achtet, ist ein starkes Polen in Europa. Zu einem solchen Polen gibt es keine sinnvolle Alternative.“