Ungarn will Obdachlose von Straßen verbannen
In Ungarn gilt seit dieser Woche ein Gesetz, das Obdachlosen verbietet, auf der Straße zu leben. Das betrifft etwa 30.000 Menschen, die in Ungarn keine Unterkunft haben. Sie müssen nun mit Gefängnisstrafen rechnen, wenn sie mehrmals von der Polizei verwarnt wurden. Für einige Kommentatoren ist das Gesetz unmenschlich, andere verteidigen es.
Christliche Demokratie à la Orbán
In Ungarn wird Armut nicht mehr bekämpft, sondern einfach verboten, empört sich die Süddeutsche Zeitung:
„Die mit Zweidrittelmehrheit regierende Fidesz-Partei stellt ihr Vorgehen zwar als Hilfsprogramm dar, mit dem die Obdachlosen vor Wind und Wetter geschützt werden sollen. Doch angesichts eines Mangels an Heimplätzen für Wohnungslose bleibt vielen nichts anderes als ein Schlafplatz im Park, unter den Donaubrücken oder in der U-Bahn-Unterführung. ... Im Reich von Regierungschef Viktor Orbán wird damit die Politik der systematischen Ausgrenzung fortgesetzt. Erst traf es die Flüchtlinge, die pauschal unter Terrorverdacht gestellt wurden. Dann kamen die Roma an die Reihe, die von einem Ideologen des Regimes als 'Tiere' beschimpft wurden. Nun wird auch noch die Not kriminalisiert. So sieht sie also aus, die von Orbán proklamierte 'christliche Demokratie'.“
Fidesz hat Wohnungsbau vernachlässigt
Statt Menschen ohne Wohnung von der Straße zu vertreiben, sollte die Regierung lieber etwas für den sozialen Wohnungsbau tun, fordert Mérce:
„Nein, es ist der Regierung nicht eingefallen, dass sie in die Wohnungspolitik eingreifen und die Entwicklung eines Systems von Sozialwohnungen vorantreiben müsste. ... Es gibt weiterhin keinen Verantwortlichen für Wohnungsangelegenheiten auf der Ebene der Minister oder Staatssekretäre und auch die bestehenden sozialen Unterstützungen hat der Fidesz während seiner vergangenen Regierungszyklen immer weiter beschnitten. Es ist ein Glück, dass wenigstens die Öffentlichkeit gegenüber dieser neuen unmenschlichen Regelung diesmal nicht gleichgültig bleibt, die es den Menschen verbietet, sich als Lebensform auf öffentlichen Plätzen aufzuhalten und damit alle Obdachlose im Land strafbar macht.“
Bettler verschandeln unsere Städte
Obdachlose haben auf der Straße nichts zu suchen, findet die regierungsnahe Tageszeitung Magyar Idök:
„Gegenüber den etwa 7.000 Obdachlosen (in Budapest), die sich in das Sozialsystem integriert haben, gibt es ungefähr 300 Menschen, die nicht bereit sind, die Regeln in den Obdachlosen-Unterkünften einzuhalten. Sie leben auf der Straße. Sie sind es, die wir Tag für Tag unsere Plätze, Straßen und Haltestellen beschmutzen sehen. Sie pinkeln an das Opernhaus und das Erkel-Theater. Wir weichen ihnen aus und steigen über sie hinweg. Sie betteln uns an, anstatt mit Arbeit das Geld für ihren täglichen Bedarf zu verdienen. Oft sind sie außerordentlich aggressiv und vollkommen betrunken.“