Gelbwesten: Von der Straße ins Europarlament?
Teile der französischen Gelbwesten-Protestbewegung wollen bei der Europawahl im Mai antreten. Insgesamt zehn Namen stehen bereits auf der Liste, angeführt von Ingrid Levavasseur, Krankenpflegerin aus der Normandie und eines der bekanntesten Gesichter der Bewegung. Journalisten glauben, dass die Karten in Frankreichs Politik mit diesem Schritt neu gemischt werden.
Rendezvous mit der Realität
Gut, dass die Gelbwesten zur EU-Wahl antreten, freut sich Die Presse, werden doch
„die Gelbwesten, so sie gewählt werden, im Europaparlament dieselbe Entscheidung treffen müssen wie alle Protestparteien vor ihnen: Entweder sie begnügen sich mit einer Fortsetzung ihrer Totalablehnung des Systems. Dann werden sie im Hinterbänklertum erstarren. Oder sie erkennen die Notwendigkeit von Sacharbeit und Kompromiss. Diesfalls werden sie das parlamentarische Geschehen beleben. Und das ist im Sinne aller Demokraten.“
Positive Wende für Macron möglich
Für Macron könnte sich die Gelbwesten-Liste als Segen erweisen, kommentiert Le Figaro:
„Jeder Prozentpunkt, der nicht auf die Liste von Jordan Bardella [Spitzenkandidat von Le Pens Rassemblement National] entfällt, ist eine gute Nachricht für die Liste, die den Präsidenten unterstützt. Gleichzeitig dürfen die Gelbwesten aber auch nicht zu gut abschneiden - sollten also unter zehn Prozent bleiben -, damit Macron sagen kann, dass die Bewegung ein Randphänomen geworden ist. Das Ziel des Staatschefs besteht also darin, die öffentliche Debatte um den von ihm initiierten Bürgerdialog anzusiedeln und nicht länger um die Bewegung herum, die ihn destabilisiert hat. Mit einer Liste, die ein mittelmäßiges Wahlergebnis erreicht, könnte Macron den zweiten Teil seiner Amtszeit besonnener angehen. Eine starke Gelbwesten-Liste, die aber nicht zu viele Bürger hinter sich vereint, das ist das Traumszenario des Präsidenten.“