Schafft die SPD die Trendwende?
Mit neuen Konzepten für den Sozialstaat und einer Reform des unter Ex-Kanzler Schröder eingeführten Arbeitslosengelds Hartz IV möchten die deutschen Sozialdemokraten ihr Umfragetief überwinden. Einige Kommentatoren sehen in den Maßnahmen eine für die Partei wichtige Profilschärfung. Anderen geht das nicht weit genug.
Gute Nachricht für Europas Demokratie
Den Schritt der SPD bewertet El País durchweg positiv:
„Es handelt sich um eine Abkehr von der Linie der letzten Parteiprogramme, die sich an der Agenda 2010 von Ex-Kanzler Gerhard Schröder orientierten und den Niedergang der Partei einleiteten. ... Sich an Merkels Seite an der Regierungskoalition zu beteiligen, entsprach dem vorbildlichen und staatsmännischen Verantwortungsbewusstsein der SPD, die die Stabilität des Landes über kurzfristiges Wahlkalkül stellte. Doch das führte eindeutig zu Abnutzungserscheinungen. Jetzt - mit Blick auf den stärker werdenden Populismus - ist die Entscheidung, die eigene Identität wiederzuerlangen und sich als echte Alternative zu profilieren, zweifelsohne eine gute Nachricht. Nicht nur für die deutsche Demokratie, sondern auch für ganz Europa.“
Unentschlossenheit ist tödlich
Endlich ist die SPD wieder links, freut sich auch die Neue Zürcher Zeitung:
„Sicher ist, dass der SPD in den letzten Jahren nichts so sehr geschadet hat wie ihre mangelnde Konsequenz. Beständig tritt sie für eine Politik ein, aber auch für deren Gegenteil. ... In Zeiten der Polarisierung, in denen die Wähler nach Orientierung verlangen, ist solche Unentschlossenheit tödlich. Der Beschluss zu Hartz IV könnte der Partei helfen, zu einer Linie zurückzufinden. Sie wäre dann wieder eine linke Partei und eine unverkennbare Alternative zur Union. Das hätte Implikationen von einiger Tragweite. Nicht nur das bisherige Bündnis mit der Union stünde damit zur Disposition, sondern auch das bisherige Führungspersonal der SPD.“
Am besten raus aus der Koalition
Die Abkehr vom Hartz-IV-System reicht nicht aus, um zu alter Stärke zurückzufinden, bemerkt Ethnos:
„Um ihren Niedergang zu stoppen, sollten die Sozialdemokraten die große Koalition mit den Christdemokraten sofort verlassen, und nicht erst am Ende des Jahres [wie einige Parteimitglieder fordern]. Mit anderen Worten: Die SPD ist aufgefordert, die Verantwortung und möglicherweise die Kosten für eine Minderheitsregierung oder für vorgezogenen Neuwahlen zu übernehmen. Wobei beide Alternativen zu einem vorzeitigen Abtritt von Kanzlerin Merkel führen würden.“