Estlands Premier lädt Rechte zu Gesprächen ein
Nach der Wahl in Estland hat Premier Jüri Ratas von der Zentrumspartei die national-konservative Ekre zu Koalitionsgesprächen eingeladen - obwohl er dies zuvor ausgeschlossen hatte. Eine Gesprächseinladung der liberalen Reformpartei, die die Wahl überraschend gewonnen hatte, schlug er aus. Nun rätselt Estlands Presse, ob Ratas mit diesem Manöver durchkommt.
Zentrumspartei verprellt russische Wählerschaft
Wie die Gespräche der traditionell moskaunahen Zentrumspartei mit den Rechtsradikalen bei den russischsprachigen Wählern ankommen, erklärt der Kolumnist der russischen Ausgabe der Zeitung, Elkond Liebmann, in Äripäev:
„Das Talent von Ratas hat sich in letzter Zeit darin gezeigt, viel zu erzählen ohne etwas zu sagen und seine Gedanken hinter Gerede zu verstecken. Dabei gibt es viele Beobachter, die annehmen, dass es die Gendanken niemals gegeben hat - wenn man die Idee, am Stuhl des Premiers festzuhalten, einmal außer Acht lässt. ... Die einzige Möglichkeit für die Zentrumspartei ihre Basis in der russischsprachigen Wählerschaft zu behalten, wäre die Rechtsradikalen zu zwingen, in Fragen der Ausbildungssprache [Estnisch oder Russisch] den Mund zu halten. Sehr unwahrscheinlich, dass dies gelingt.“
Europäische Einmischung geht nach hinten los
Der Vorsitzende der liberalen Alde-Fraktion im Europaparlament hat Premier Ratas in einem Brief davor gewarnt, mit den Rechten gemeinsame Sache zu machen. Kein kluger Schachzug, urteilt Õhtuleht:
„Die dringende Empfehlung von Guy Verhofstadt an Jüri Ratas, die Koalitionsbildung mit Ekre zu vermeiden, rechtfertigt die Frage, ob es nicht genau diese Art von Einmischung der EU ist, vor der die rechtsradikale Ekre die ganze Zeit warnt. Die Bereitschaft des Premierministers, die Verhandlungen zu führen, hat Ekre schon salonfähig gemacht, ohne Rücksicht darauf, was Europa denkt, wo in vielen Ländern Ekre-ähnliche Parteien an der Macht sind.“