Gut inszenierte Regierungskrise in Rom?
Italiens Regierung aus Lega und Cinque Stelle streitet über den Umgang mit einem Staatssekretär im Transportministerium, dem Korruption vorgeworfen wird. Cinque Stelle fordert den Rücktritt des Lega-Mannes, am heutigen Mittwoch soll das Kabinett darüber entscheiden. Doch der Staatssekretär ist nur ein Vorwand für Querelen, darüber sind sich Beobachter einig.
Die hohe Kunst der Personalisierung
Die Chefs der beiden Parteien, Matteo Salvini und Luigi Di Maio, gehen mit Blick auf die Europawahl bewusst auf Konfrontationskurs, mutmaßt der Journalist Giancarlo Loquenzi in La Stampa:
„Die beiden verwandeln die Europawahl in ein erbittertes Referendum über die eigene Person. Dabei übernehmen sie nicht nur neben der Regierungsfunktion gleichzeitig auch die Rolle der Opposition - was auch aus medialer Sicht eine recht gute Taktik ist -, sondern sie gehen noch einen Schritt weiter: Sie verleiten nämlich die Wählerschaft dazu, sich einzig auf die Wahl zwischen Matteo Salvini und Luigi Di Maio zu konzentrieren. Indem die Spannung zwischen den beiden Tag für Tag weiter auf die Spitze getrieben wird, vermittelt man den Wählern den Eindruck, dass sie einzig Salvini oder Di Maio auf dem Wahlzettel ankreuzen können.“
Cinque Stelle haben Angst vor einem Debakel
Vor allem die Cinque Stelle versuchen, den Streit vor der Europawahl auszuschlachten, vermutet der Historiker Paolo Mieli in Corriere della Sera:
„Es ist ein interessanter Wahlkampf, mit dem das Movimento Cinque Stelle versucht, ein sich abzeichnendes Debakel zu verhindern. ... Bevor wir die Strategie analysieren, sollten wir uns daran erinnern, dass die Europawahl zu den ungünstigsten Momenten für die von Beppe Grillo gegründete Bewegung gehört, die im Grunde nichts über Europa zu sagen und grundsätzlich eher wirre Ideen bezüglich der internationalen Politik hat. ... Darüber hinaus präsentiert sich M5S vor der Wahl gebeutelt von Umfragen (und Ergebnissen von Kommunalwahlen), die der Partei einen steigenden Stimmenverlust bescheinigen. Ein Verlust, der angesichts des eklatanten Zuwachses, den die Lega verzeichnet, noch schmerzlicher ist.“