30 Jahre Wiederbestattung von Imre Nagy
Der Leichnam von Imre Nagy, ehemaliger Regierungschef und seit seiner Hinrichtung 1956 ungarischer Nationalheld, wurde vor 30 Jahren wiederbestattet. Auf der offiziellen Veranstaltung zur Rehabilitierung von Nagy am 16. Juni 1989 forderte der heutige Premier Orbán als junger Politiker den Abzug der sowjetischen Truppen aus Ungarn. Kommentatoren ziehen 30 Jahre später eine Bilanz.
Der Märtyrer wurde von seinem Platz entfernt
Die Statue des Reformkommunisten Imre Nagy wurde von der Regierung unlängst sang- und klanglos von ihrem Platz vor dem ungarischen Parlament entfernt, erinnert 444:
„Ende Dezember wurde die Statue des ehemaligen Ministerpräsidenten Imre Nagy mitten in der Nacht am Kossuth-Platz abgebaut, damit die Zeit der Horthy-Ära [1920 bis 1944 unter dem autoritären Reichsverweser Miklós Horthy] visuell wieder vor dem Parlament auferstehen kann. ... Die Statue von Imre Nagy, erstellt von Tamás Varga, die bis dahin auf das Parlament geblickt hatte, wurde am Fuße der Margareten-Brücke vor dem Abgeordneten-Haus wieder aufgestellt. Sie wurde nicht wieder eingeweiht, die Arbeiter gingen einfach weg. Dennoch haben anlässlich des Jahrestags der Wiederbestattung des durch den Märtyrertod gestorbenen Ministerpräsidenten mehrere einen Kranz niedergelegt.“
Ungarn fühlen sich verraten
Die politische Wende war für die Ungarn eine Enttäuschung, kommentiert Philosoph Zoltán Balázs bei Válasz Online:
„Ab den 1990er Jahren war die Mehrheit des Volks unglücklich. Sie fühlte sich hereingelegt, verstümmelt und verraten. Es stellte sich heraus, dass wir pleite waren und keinen János Kádár [1956 bis 1988 Chef der Sozialistischen Arbeiterpartei] mehr hatten und dass sogar die Russen besser dran waren. Denn auch sie waren zwar arm, aber sie konnten wenigstens die Welt in die Luft sprengen, wenn sie wollten. Wir sahen, dass Wien immer unerreichbarer und Budapest immer dreckiger wurde und dass es im Balaton-See immer mehr Algen gibt. Die Elite ist machtlos und weder verbal noch praktisch in der Lage, uns etwas Gutes anzubieten.“