Privatstreit: Muss Johnson sich rechtfertigen?
Der derzeit chancenreichste Anwärter auf das britische Premiers-Amt, Boris Johnson, soll Medienberichten zufolge einen lautstarken Streit mit seiner Lebensgefährtin gehabt haben. Besorgte Nachbarn riefen die Polizei, die allerdings keinen Grund sah, einzugreifen. Kommentatoren streiten darüber, ob das Privatleben des Ex-Außenministers öffentlich debattiert werden müsse.
Sehr wohl eine Charakterfrage
Boris Johnson selbst hat Persönlichkeit und Charakter eines Politikers zu entscheidenden Punkten bei der Kandidatenkür gemacht, erklärt The Guardian:
„Beim Hearing in Birmingham verwies Johnson wiederholt darauf, dass die Leute 'nichts über solche Dinge hören wollen'. Doch das klang hohl, weil er mehr als jeder andere britische Politiker der heutigen Zeit versucht hat, das öffentliche Leben zu einem Spiel von Charakteren zu machen, bei dem Witz, Vertrauen, Charme und persönliche Präsenz mehr zählen als Politik und Substanz. Seine Bewerbung für das höchste Amt baut darauf auf, dass es letztlich nur um den Charakter geht. Da überrascht es nicht, dass jetzt sein Charakter mehr denn je auf dem Prüfstand steht.“
Politisch motivierte Intrigen
Den politischen und medialen Gegnern Boris Johnsons ist offenbar jedes schmutzige Mittel recht, um ihn als neuen Premier zu verhindern, schimpft hingegen The Sun:
„Wenn es auch nur den kleinsten Hinweis auf häusliche Gewalt gegeben hätte, wäre Johnson in Handschellen abgeführt worden. Sein Computer und sein Mobiltelefon wären beschlagnahmt und die Wohnung wäre zu einem Tatort erklärt worden. ... Stattdessen handelte es sich hier um eine Art von Krach, wie er zu jeder Zeit in jedem Haushalt in diesem Land vorkommen kann. ... Doch hier geht es nicht wirklich um Johnsons Privatleben. Hier geht es um den Brexit. Johnson ist der einzige Tory-Vertreter, der diese Trophäe liefern kann. Er ist der einzige Kandidat, der eine Wahl gewinnen kann. Das sind zwei gute Grunde, warum seine Feinde ihn zerstören wollen.“