Warum Trump den 4. Juli militarisiert
Ausstellung von Panzern, Überflüge von Hubschraubern und Kampfflugzeugen - US-Präsident Trump hat die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli für eine militärische Machtdemonstration genutzt. Damit hat er die Spaltung der Gesellschaft vertieft, von Problemen abgelenkt und die Feier in Washington politisiert, kritisieren Kommentatoren.
Kulisse für den Wahlkampf
Trumps Zeremonie vertieft die Spaltung der Gesellschaft, kritisiert die taz:
„Trump drängt sich wieder einmal selbst in den Mittelpunkt. An symbolträchtigem Ort will er den Eindruck erwecken, dass er das Volk hinter sich hat. Aber die Bewohner der US-Hauptstadt verachten Trump. Fast die Hälfte von ihnen sind Afroamerikaner, die nichts Gutes von einem Präsidenten erwarten können, der die Zeiten der Weißen Vorherrschaft als Idylle betrachtet. Und fast alle Washingtonians wählen demokratisch. Im November 2016 bekam Trump dort nur vier Prozent der Stimmen. Seither hat er sich im Weißen Haus eingebunkert. Denn die Washingtonians haben ihn spüren lassen, wie unerwünscht er in ihrer Stadt ist. Trump reagiert nun auf seine Weise und macht die Wiese im Zentrum der US-Hauptstadt zur Kulisse für seinen nächsten Wahlkampf.“
Ablenkung vom Schandfleck
Statt auf die US-Militärparade sollten sich die Augen der Welt auf ein anderes Problem im Land richten, mahnt Irish Times:
„Während Donald Trump in Washington einer aufdringlich schillernden Militärparade zum Unabhängigkeitstag - oder genauer gesagt, zur Pflege seiner Eitelkeit - beiwohnt, spielt sich an der südlichen US-Grenze eine humanitäre und moralische Krise ab, die durch seine Politik hervorgerufen wurde. ... Doch das ist nicht das, was Amerika ausmacht. Denn auf jeden US-Amerikaner der solch furchtbaren Szenen mit Kaltschnäuzigkeit begegnet, kommen viele andere, die Solidarität mit den Einwanderern zeigen und Vorräte in die Internierungslager bringen oder für politischen Wandel kämpfen. Die Trump-Regierung steht für institutionelle Grausamkeit - ihre Worte und Taten sind ein Schandfleck für ein großartiges Land.“
Ganz im autoritären Stil
Die Militärparade symbolisiert die zunehmend autoritären Tendenzen in den USA unter Trump, kommentiert Journalist Iwan Jakowyna in Nowoje Wremja:
„Die Militärparade, die Präsentation der Panzer und die Kunstflugstaffeln sehen für US-Verhältnisse ziemlich verrückt aus. Mir gefällt daran eine immer deutlicher werdende Tendenz nicht: In den letzten Jahren bewegen sich nicht die autoritären Länder in Richtung Demokratie und Freiheit, sondern es ist umgekehrt: Demokratien entwickeln sich in Richtung Autoritarismus. In den USA bleibt es vorerst nur eine Stilfrage, doch angenehm ist es trotzdem nicht.“
Zeigen, wer der Herr im Haus ist
Seit Trump eine Militärparade 2017 als Ehrengast beim französischen Nationalfeiertag sah, wünschte er sich eine solche für den 4. Juli. Doch Trump orientierte sich weniger an Frankreich als an Russland, erklärt Wedomosti:
„Putin hat keine Hemmungen, zum 9. Mai Abbilder seiner Militärmacht zu zeigen, und die ganze Welt versteht, wer hier siegen wird, wenn es drauf ankommen sollte. US-Präsident Trump ist ein ambitionierter Mann. Für ihn kommt bekanntlich America first: Wie kann er da den alljährlichen Triumph seines Kollegen Putin auf dem Roten Platz hinnehmen? Er musste reagieren! ... Er muss also den Amerikanern mit dem bedrohlichen Anblick moderner Waffen eine Freude machen. ... Und dem Freund und gleichzeitigen Konkurrenten jenseits des Ozeans würdig antworten. Nebenbei hat sich Trump bei Putin noch etwas abgeschaut: die Privatisierung des wichtigsten nationalen Feiertags.“